piwik no script img

Passende Sojasorten gesuchtDie Bohne mag es nicht gern kalt

Die Nachfrage nach Soja aus heimischen Anbau ist da. Wissenschaftler suchen noch Sorten, die die kalten Temperaturen aushalten.

Sojafeld bei Hildesheim Foto: dpa

Berlin taz | Ökologen lieben die Sojapflanze, denn sie reichert den Boden mit Stickstoff an. Ihre Frucht, die Sojabohne, ist außerdem vielseitig: Sie schmeckt als Tofu, als Sojasoße und dient als eiweißreiches Tierfutter und als Grundstoff für Sojalecithin.

Trotzdem wird sie in Deutschland kaum angebaut. Der Großteil wird vor allem aus Brasilien, Argentinien und den USA importiert: zwischen vier und fünf Millionen Tonnen, die zu einem Großteil an Masttiere verfüttert werden. In diesen Ländern sind gentechnisch veränderte Pflanzen aber weit verbreitet. Laut dem Thünen-Institut sind in Brasilien 93 Prozent, in den USA 94 Prozent des Sojas gentechnisch verändert.

„Es ist eine starke Nachfrage nach gentechnikfreiem Soja da“, sagt Ursula Bittner vom Verein DonauSoja. Fleisch von Tieren und Eier von Hühnern, die mit Gensoja gefüttert wurden, müssen nicht gekennzeichnet werden. DonauSoja hat ein Siegel entwickelt, das Verbrauchern die Entscheidung leichter machen soll. Wo „mit Donausoja gefüttert“ draufsteht, ist das Sojafutter gentechnikfrei und kommt aus dem Donauraum. In Österreich tragen nach Angaben des Vereins bereits 80 Prozent der Eier das Siegel. In Deutschland gibt es das „Ohne Gentechnik“-Siegel des Verbands gentechnikfreie Lebensmittel.

Außerdem wirbt der Verein für mehr Soja in Europa: „Unsere Vision ist, in zehn Jahren die Hälfte des europäischen Sojabedarfs mit zertifiziertem Soja zu decken“, erzählt Bittner. „Das geht natürlich nur, wenn wir weniger Eiweiß füttern und mehr pflanzliches Eiweiß als heute konsumieren“, schränkt sie ein. Für ein Schnitzel ist wesentlich mehr Soja nötig als für ein Sojaschnitzel. Immerhin: Laut dem statistischen Bundesamt wurden in Deutschland im Jahr 2016 auf 15.200 Hektar Soja angebaut – seit dem Jahr 2012 hat sich die Fläche mehr als verdreifacht.

„Ich halte nicht eine Stärkung der Sojaanbaufläche für sinnvoll, sondern eine größere Fläche für den direkten menschlichen Gebrauch“, sagt hingegen Volker Hahn, Leiter der Arbeitsgruppe Sojazüchtung an der Landessaatzuchtanstalt der Universität Hohenheim. Zusammen mit dem Bio-Tofu-Hersteller Taifun forscht die Universität im Projekt 1.000 Gärten an Sojasorten für Tofu, die auch in Deutschland wachsen.

Ein langer Sommer

Das Haupthindernis: Die Sojapflanze mag es nicht gern kalt. „Besonders die kalten Nächte im Juni, zur Blütezeit des Soja, machen den Pflanzen zu schaffen“, erklärt Hahn. Außerdem brauchen die Bohnen viel Zeit zum Wachsen. Bisher wird sie deshalb vor allem in Süddeutschland angebaut, wo die Sommer länger sind.

1.000 Gärten will deshalb herausfinden, welche Kombinationen von Genen dafür sorgen, dass die Bohne früh reif wird. Deshalb haben die Hohenheimer Forscher im Frühjahr vergangenen Jahres Sojabohnen an über zweitausend Hobbygärtner verteilt. Die haben die Sorten dann in ihrem Garten angebaut und die Ernte eingeschickt.

Bisher wird Soja deshalb vor allem in Süddeutschland angebaut

Erste vorläufige Ergebnisse haben die Forscher schon: „Einige Genkombinationen, die die Sojabohne früh reif machen, hätten wir nicht erwartet“, erzählt Hahn, der das Projekt wissenschaftlich leitet. „Wenn wir mehr Kombinationsmöglichkeiten haben, ist auch die Wahrscheinlichkeit höher, dass eine mit hohem Ertrag dabei ist“, sagt Hahn. Außerdem überraschend: Auch aus Gegenden, in denen bisher kaum Soja angebaut wird, kamen reife Bohnen zurück. Neben dem tendenziell eher milden Rheintal wurde vor allem das Gebiet um Berlin, Magdeburg und Leipzig als gut geeignet für den Sojaanbau eingestuft.

„Biologisch gesehen hat Soja ein großes Potential“, erklärt Hahn. Er schätzt, dass man die Pflanze auf einem Drittel der Ackerfläche in Deutschland anbauen könnte. „Ob sich das ökonomisch lohnt, ist eine andere Frage.“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!