Portrait
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Islamwissenschaftler ohne Lehrauftrag: Bekir Alboğa Foto: dpa

Der Krisenmanager

Bekir Alboğa ist ein „Inte­grations-Pionier“. So jedenfalls bezeichnete die Stadt Mannheim den 54-jährigen Islamwissenschaftler, als sie ihm 2013 seine Einbürgerungsurkunde übergab. Er war lange Zeit Imam einer Gemeinde in der Mannheimer Yavuz-Sultan-Selim-Moschee. Seit 2004 ist er bei Deutschlands größtem Islamverband Ditib, wurde dort Referatsleiter für interreligiöse Begegnung, später auch Generalsekretär. Seit 2006 ist er Mitglied der Deutschen Islamkonferenz, er sagt: „Ich kenne beide Länder und Kulturen sehr gut. Damit kann ich in meiner Arbeit zwischen Religionen und Kulturen vermitteln und Menschen unterschiedlicher Herkunft, Religion und Kultur miteinander ins Gespräch bringen.“

Derzeit bildet Alboğa an der Uni Münster LehrerInnen für den Islamunterricht aus, außerdem ist er Lehrbeauftragter an der Uni Osnabrück. Doch Letzteres ist er nicht mehr lange: denn sein Gast-Lehrauftrag wird nicht verlängert.

Das niedersächsische Wissenschaftsministerium dementiert, dass die Nichtverlängerung mit den Beschuldigungen gegen Ditib zusammenhängen. Sprecher Jan Haude sagt, die Entscheidung „wurde unabhängig von der Bewertung einzelner Lehrbeauftragter getroffen“. Es handele sich um eine klassische Evaluation, einen normalen Vorgang also. Auch in Münster ist noch offen, ob Alboğas Lehrauftrag erneuert wird. Sein Engagement bei Ditib spreche jedenfalls aus Sicht der Uni nicht dagegen: „Die Spitzel-Vorwürfe richten sich nicht gegen Alboğa“, sagt Sprecher Norbert Robers.

Alboğa ist als Generalsekretär des Verbands auch so etwas wie Ditibs Krisenmanager in der Spitzel-Affäre. Seit Jüngstem ermittelt die Bundesanwaltschaft gegen einzelne Imame des Verbandes. Sie sollen die Namen von 28 vermeintlichen Gülen-AnhängerInnen an Diyanet, der Religionsbehörde in Ankara, weitergegeben haben.

Alboğa nannte das Bespitzeln eine „Panne“, die Integrationsbeauftragte der Linken, Sevim Dagdelen, nannte Ditib danach den „verlängerten Arm Erdogans“. Sämtliche 900 Ditib-Imame werden von der türkischen Religionsbehörde Diyanet bezahlt. In vielen Moscheegemeinden werden Forderungen nach einer Reform lauter, ein offener Umgang mit den Vorwürfen wird gefordert. Derzeit ist die Ditib-Spitze zu einem Krisentreffen nach Ankara gereist. Obwohl er Generalsekretär ist, äußert Alboğa sich seit Tagen nicht zu den Vorgängen. gjo