LeserInnenbriefe
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Dürftige Koalitionsarbeit

betr.: „Vier Fäuste gegen Schulz“, taz vom 7. 2. 17

Der gewählte Filmtitel für den Wahlkampfauftakt von CDU und CSU kann nicht überzeugen. Denn schon die mitgelieferten Zitate gegenüber Martin Schulz wie etwa von Andreas Scheuer oder Alexander Dobrindt spiegeln eher eine gewisse Ratlosigkeit als vielmehr die insbesondere für die Demokratie so wünschenswerte starke inhaltliche Auseinandersetzung mit den anderen Parteien wider. Dies kommt allerdings wenig überraschend, da man in der großen Koalition eine sehr dürftige Arbeit geleistet hat, indem das Hauptaugenmerk vor allem darauf lag, größere Projekte wie den Mindestlohn und die Mietpreisbremse zu verwässern oder sich auf eine Pkw-Maut zu versteifen, die gerade von ihrer Symbolik her einen Frontalangriff auf die europäischen Grundwerte bedeutet. Deshalb bleibt die wichtigste Frage, wofür die erneut zur Kanzlerkandidatin gekührte Angela Merkel eigentlich steht. Rasmus Ph. Helt, Hamburg

Pech gehabt

betr.: „Die Sonne geht für alle kostenlos auf“, taz vom 4./5. 2. 17

Der Artikel hat mich sehr bewegt und mich zu folgenden Gedanken gebracht: Wie häufig in Berichten über Armut im Alter taucht auch hier „Fernsehen“ als Posten unter Ausgaben auf. Was bedeutet das? 17,50 Euro hat das Paar monatlich für das Fernsehen zu zahlen, auch wenn es keinen Fernseher hat. An dieser Stelle hilft auch Verzicht nicht, um zu sparen. Wenn die Frau oder der Mann allein bleibt, sind die 17,50 Euro von der einen Person zu zahlen, denn es geht nach Haushalt.

Und was wird damit zwangsfinanziert? Nach Angaben der KEF-Prüfungskommission sind es vorrangig die Gehälter und die Altersvorsorge der Mitarbeiter (taz berichtete im August 2016). Die Zusatz(!)rente der ZDF-Mitarbeiter beträgt etwa 2.000 Euro monatlich, ihre Grundrente 75 Prozent des letzten Gehalts (sonst 35–45 Prozent des durchschnittlichen Lebenseinkommens). Der Intendant Tom Buhrow hat ein Jahresgehalt von 370.000 Euro, die Intendantin des MDR, Karola Wille, erwartet nach eigenen Angaben 17.000 Euro im Monat an Pensionszahlungen.

Laut Rundfunkbeitragsstaatsvertrag werden auch die Menschen, die nie so viel hatten, dass sie selbst für ihr Alter vorsorgen konnten, mit lebenslänglichen monatlichen Zwangsabgaben für die Altersvorsorge der Mitarbeiter der vielen Sendeanstalten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks belegt.

Was bringen Untersuchungen über Altersarmut, wenn die einzige Schlussfolgerung ist „Pech gehabt. Sie haben nicht genügend selbst vorgesorgt“? Gerda M. Kolf,Soest

Warum soll das falsch sein?

betr.: „Das 36-Milliarden-Loch“, taz vom 4./5. 2. 17

In der Rezension des Buches „Gameover“ von Giorgos Papakonstantinou schreibt Ulrike Herrmann: der Autor „konzentriert sich auf den zentralen Fehler, der allzu oft übersehen wird und der allein Kanzlerin Merkel anzulasten ist. Sie setzte bei einem deutsch-französischen Gipfel im Oktober 2010 durch, dass bei einem Schuldenschnitt auch die privaten Gläubiger haften müssen.“ Warum ist das falsch? Sollen Private, die ihr Vermögen verwalten lassen, zum Beispiel durch Blackstone, nicht haften müssen? Klaus Warzecha,Wiesbaden

Niedrige Beweggründe

betr.: „Autobahnen unter Strom“, „Maskulin, laut und technisch anfällig“, taz vom 3. 2. 17

Da werden rechte Autobahnspuren mit Oberleitungen versehen und der Bericht darüber beschreibt nicht ansatzweise den daraus entstehenden Irrsinn. Im Nebensatz milde Kritik am aktuellen Transportunwesen: „Äpfel aus Neuseeland und Computer aus Südkorea“, das wäre in beiden Fällen sowieso zu weit für die als Lösung propagierte Oberleitung, mal vom dazwischen liegenden Ozean abgesehen.

Ein Lkw für ein solches „Oberleitungssystem“ braucht neben dem konventionellen Verbrennungsmotor noch einen Elektromotor und eine Speicherbatterie für angeblich 80 (!) Kilometer. Das Zusatzgewicht dürfte mehrere 100 Kilogramm betragen, die von der Nutzlast abgehen. Die vielgepriesene Flexibilität des Lkw wäre deutlich eingeschränkt. Ein bewährtes, erprobtes und leistungsfähiges System dieser Art von Mobilität besteht seit mehr als 150 Jahren: die Bahn! Sie verbindet Effizienz (Rollwiderstand Rad auf Schiene nur ein Zehntel eines Gummireifens auf Straße) mit Sicherheit und relativer Zuverlässigkeit. Trotzdem wird das einstmals dichte Schienennetz ständig verkleinert. Die Bahn könnte wesentlich größere Anteile als die genannten 30 Prozent des Güterverkehrs übernehmen, aber die willkürlichen Termin- und Flexibilitätserfordernisse und die niedrigen Beweggründe des Gewinnstrebens stehen dem entgegen. Es wird das Sammeln und Verteilen von Güterwagen abgelehnt, nur möglichst komplette Züge über möglichst lange Strecken versprechen Profit. Das ist eine zwangsläufige Folge des Abbaus von Personal, der Schienen- und Güterinfrastruktur. Nur wenige der vorhandenen Strecken sind wirklich ausgelastet.

Interessant der geschichtliche Rückblick auf die Elektromobilität im zweiten Teil der taz. Die rationalen Argumente der enormen Energiedichte des Kraftstoffes dürften die Dominanz des Verbrennungsmotors besser erklären als der männliche Spiel- und Geltungstrieb. Interessant ist es, zu erfahren, dass schon damals vom bevorstehenden „Durchbruch“ der elektrischen Speichertechnologie gefaselt wurde. Trotz der unleugbaren Entwicklung seitdem noch immer nicht gut genug; das ist der entscheidende Knackpunkt der E-Mobilität. Erwin Bosak, Schorndorf