So leicht und witzig wie hintergründig: „Please like me“
: Oben ohne? Nur wenn keiner guckt

Die Couchreporter Heute: Andreas Hergeth

Zu dünn, zu dick, zu groß, zu klein, zu schön, zu hässlich, zu langweilig, zu aufgedreht – so ziemlich jeder Mensch kennt das Rumgemäkele am eigenem Körper, an Eigenschaften und Verhaltensweisen. Dabei will man doch nur gemocht werden. Josh, dem 20-jährigen Hauptprotagonisten aus der australischen Fernsehserie „Please like me“, geht es genau so. „Ich bin nicht liebenswert“ lautet sein Mantra. Keiner kann das so schön wie Josh Thomas vor sich hertragen. Der ist ein bekannter Comedian in Down Under und hat sich die Serie auf den (schlanken) Leib geschrieben. Angeblich hat er alles so oder ähnlich selbst erlebt. Könnte stimmen.

Es geht los mit einem Knaller. Freundin Claire macht Schluss mit ihm, weil sie glaubt, dass Josh schwul ist. Der fällt aus allen Wolken, bestreitet das, landet aber schon wenig später im Bett mit dem schönen Geoffrey. Josh wundert sich. Was will dieser gut aussehende Typ von ihm „mit dem zerknautschten Gesicht?“ Klar, Josh, entspricht nicht dem gängigen Schönheitsideal, aber so what? Er ist schön genug. Nur sieht er das selbst nicht.

Eine exemplarische Szene: Josh mag sich vor anderen nicht ausziehen. Während Geoffrey längst bis auf den Slip nackt im Bett liegt, zieht sich Josh umständlich seinen Schlafanzug hinter der Tür an – eine schöne Slapstickszene.

Aber außer Knutschen und Schmusen läuft nichts. Denn Josh hat sich am Morgen beim Rasieren geschnitten und die Stelle beginnt wieder zu bluten. Und dann ruft auch noch sein Vater an. Wegen Joshs Mutter, die versuchte, sich umzubringen. Der ganz normale Wahnsinn eben.

Eines Abends bändelt Josh mit einen smarten Typen an, dessen Freundinnen fragen, ob er nicht was Besseres als Josh finden kann – jemanden, der in seiner Liga spielt. Eine Szene, die zum Kotzen ist. Und traurig macht. Und wütend. Ohnehin wechseln die Gefühlslagen in „Please like me“ ständig. Eben ist alles superwitzig, dann bleibt einem das Lachen im Hals stecken, dann wieder wird es sexy.

Denn Sex in allen Varianten spielt eine große Rolle. Josh agiert auch hier neurotisch. In Unterhosen herumzuspringen ist ja noch easy, aber sich oben ganz blank zu zeigen ist undenkbar. So steigt er in den Pool vorm Haus vorzugsweise mit Hemd. Nur wenn Josh allein ist, ist er ganz bei sich, dann sieht man ihn oben ohne.

Es ist verrückt. Der Typ, der sich für nicht liebenswert hält, ist absolut liebenswert. Josh trifft ja auch immer wieder auf Männer, die das finden. Dass darunter schwierige Charaktere wie er selbst sind – welche mit Macken, mit Ecken und Kanten und auch einer mit handfesten psychischen Problemen –, geschenkt. Hat keiner behauptet, Leben wäre einfach.

Drei Staffeln „Please like me“ sind bei Netflix zu sehen, im deutschen Fernsehen lief die Serie auf Einsfestival, schönerweise nur im Original mit deutschen Untertiteln. Nach drei bezaubernden Staffeln war eigentlich schon Schluss, doch der amerikanische Streaminganbieter Hulu rettete die Serie und bestellte eine vierte Staffel, die im November 2016 dort lief. Doch nun soll es einfach nicht weitergehen. Schade. So leicht und witzig, so tiefgründig und hintersinnig zugleich war lange keine Serie mehr um das Coming-out und andere Sorgen junger Leute.