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Die WahrheitKöstlich drapierte Zweisamkeit

Kolumne
von Leo Riegel

Was liegt näher, als einen Imagefilm zu drehen über die eigene Beziehung? Und schon läuft es wieder auf allen Ebenen flott …

D er Verdruss über die zunehmende Häufigkeit sinnloser Streitereien zwischen meiner Freundin und mir ließ mich in ein Café einkehren. Ich grübelte über einem Cappuccino, was in unserer Beziehung falsch lief, als mein Blick auf einen von der Decke hängenden Monitor fiel. Dort lief ein Film über eben jenes Café, in dem ich saß. Feixende Köche waren zu sehen, Milchschaum, der majestätisch schwappte, köstlich drapierte Speisen, fröhliche Gäste, die mit der Bedienung schäkerten.

„Seltsam!“, dachte ich, „Werbung für ein Café, in dem ich schon sitze.“ Jedoch: Der Cappuccino schien besser zu schmecken, erschien er in der Dauerschleife. Warum sollte dieser psychologische Trick nicht auch im Privaten funktionieren? Daniela war skeptisch, als ich vorschlug, einen Imagefilm über unsere Beziehung zu drehen.

Doch schließlich überzeugte ich sie: An nur einem Wochenende nahmen wir unser Beziehungsleben per Digitalkamera auf, danach machten wir uns an Schnitt und Postproduction. Das Ergebnis, für dessen Präsentation ich einen Flachbildschirm unter der Wohnzimmerdecke installierte, konnte sich sehen lassen.

Tag und Nacht läuft der knapp siebenminütige Film seitdem in Endlosschleife. Man sieht Daniela und mich beim gemeinsamen Plätzchenbacken, beim Filmabend auf der Couch mit Rotwein und Pizza, beim Spaziergang an der Flusspromenade. Man sieht auch, wie ich Daniela mit einem Frühstück im Bett „überrasche“ und wie das Frühstück in einer heiteren Kissenschlacht endet. Wie geplant verteilt sich der Inhalt der Federkissen während der Schlacht im Raum, alles ganz nah und in Zeitlupe gedreht. Unserer Kreativität hatten wir ja keine Grenzen gesetzt.

Und siehe da: Es funktioniert! Seit der Film läuft, streiten wir kaum noch. Wie auch, wenn einem unentwegt vom Monitor aus zugelächelt und neckisch die Nase gekräuselt wird? Bei Gästen verfehlt der Film seine Wirkung ebenso nicht. Erst sind sie kurz befremdet, doch letztlich steigen unsere Sympathiewerte. Das belegen die Fragebögen, die wir zur Evaluierung des Films verteilen.

Wie unsere Freunde immer wieder staunen, wenn die erwähnte Kissenschlachtszene nach 22 Uhr dann auf dem Monitor in die unzensierte, nicht jugendfreie Version übergeht! Im Bett läuft’s übrigens besser denn je, aber das nur am Rande.

Mein Freund Robin hat unsere Idee glatt übernommen. Warum auch nicht? Seitdem ist er viel zufriedener mit seinem Singledasein. Lethargie und Depressionen sind wie weggeblasen, wenn er auf dem Bildschirm sieht, wie er spazieren geht, fröhlich Tütensuppen einrührt und sich mit einem (Kater-)Frühstück im Bett überrascht.

Neulich fragte mich Daniela, ob wir uns nicht etwas vormachten. Ob unsere Beziehung ohne den Film überhaupt noch irgendeinen Sinn habe. Als ich offenbar ziemlich dämlich dreinschaute, brach sie in schallendes Gelächter aus und warf mir das Sofakissen ins Gesicht. Die aufgestellte Kamera hatte ich gar nicht bemerkt.

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