Berlinmusik
: LSD,
Dancefloor

Ein bisschen hippiesk kommen sie daher, die vier Mitglieder der Band Jawbones, die in diesen Tagen ihr Debütalbum „High And Low And Low And High“ veröffentlichen. Leonard Kaage, Tracy Bryant, Tess Parks und Anton Newcombe (Letztere von Brian Jonestown Massacre) sind auf Bandfotos allesamt mit Wallehaar im Park zu sehen. Und der Link zur Hippie-Ära ist auch gar nicht so verkehrt: Tief bohren die Musiker mit viel Leidenschaft in den Sechzigern und Siebzigern und ergründen die Möglichkeiten des Rock. Dabei sammeln sie Vorsilben und Affixe wie Psych-, Prog-, Kraut-, Fuzz- und Garage- ein – und acht Songs später haben sie mal eben eines der ersten tollen Rockalben des Jahres rausgehauen. Man fühlt sich mal an The Velvet Underground und deren Wiedergänger (Black Rebel Motorcycle Club) erinnert, dann an Jefferson Airplane, stellenweise auch an Stoner-Bands wie Kyuss. Durchschnittlich liegen die Songs bei etwa 5 Minuten Spielzeit, und man wünscht sich eher mehr als weniger. Denn je weiter die Kreise sind, die Jawbones ziehen, je versponnener es wird, desto mehr Spaß macht es eigentlich. Gitarre, Orgel und ein immer schön geerdetes Schlagzeug bilden die Grundlage für dieses bemerkenswerte Erstwerk, das vom Artwork her gleich das weiße Album der Jawbones ist. Portiönchen LSD dazu, und alles ist gut.

Eine weitere multinationale Band, die in Berlin zusammengefunden hat, sind Thieves Like Us. Auch sie sind musikalisch einigermaßen retro, hier aber sind die Achtziger vorrangig die Referenz. Das selbst betitelte neue Album ist bereits ihr fünftes, seit 2002 existiert die Gruppe um Gitarrist und Sänger Andy Grier und Gitarrist Chris Wackrow. Die Routine wirkt sich hier positiv aus: Thieves Like Us wissen, wie man einen Popsong schreibt; sie wissen auch, wie man einen solchen schleift und poliert. Auf dem 9-Track-Album findet sich mit „Moon“ ein echter kleiner Hit, der einen in Dream- und Psych-Pop-Gefilde führt – während sonst Disco und Hochglanz-Pop àla Pet Shop Boys Bezugsgrößen für Thieves Like Us sind.

Die politischen Texte in einigen Songs bleiben etwas zu sehr im Ungefähren, sonst gibt es wenig auszusetzen. Thieves Like Us wollen, so sagen sie, vereinen, indem wir gegen die schlechten Nachrichten antanzen. Auch auf die Gefahr hin, sich dabei die Hacken wund zu tanzen, geben sie mit diesem Album einen ordentlichen Soundtrack dazu ab. Jens Uthoff

Jawbones: „High And Low And Low And High“ (8mm Musik)

Thieves Like Us: „Thieves Like Us“ (SeaYou Records/Rough Trade)