Mies van der Rohe Haus: Die Pflanze im Zeitalter ihrer industriellen Reproduzierbarkeit
Wie macht man das, Pflanzen zu fotografieren? Nicht wie „im 19. Jahrhundert“, also „stehen geblieben“, wie Wita Noack, die Leiterin des Mies van der Rohe Hauses, der Entwicklung der Pflanzenfotografie misstraut? Sie hatte für die Reihe „Die Kunst der Natur“ die 27 Pflanzen, die im Garten des Mies van der Rohe Hauses wachsen, zu Ausstellungsstücken erklärt. Jetzt sollte Heidi Specker diese Ausstellungsstücke fotografieren. Sie ging dann erst mal auf ein Neil-Young-Konzert. Seine letzten Alben heißen „The Montsanto Years“ und „Earth“.
Den Wundertüten mit Samen, die auf dem Konzert verkauft wurden, entsprang der Projekttitel SAAT SEED. Samenschalen. Specker warf denn auch Samenschalen auf alte Fotografien vom Bücherregal oder vom Schreibtisch im Haus Lemke, wie das Mies van der Rohe Haus nach sein Bauherren Karl und Martha Lemke auch heißt, und fotografierte das Arrangement. Genauso machte sie es mit dem vertrockneten Blatt auf der Farbabbildung eines Teppichs von Gunta Stölz, die am Bauhaus die Weberei leitete, oder der Wurzel, die auf der S/W-Modefotografie aus Harper’s Bazaar lag. Kurz, Heidi Specker experimentierte für ihre Pflanzenaufnahmen. Sie kreuzte Bilder und Objekte, Kultur und Natur, Mies mit dem Bauhaus, Martha Lemke mit Hannah Höch, Gunta Stölz oder Esther Bartning und züchtete daraus neue Blüten der zeitgenössischen Fotografie, sie (er)fand neue Bilder und ideologiekritische Motive: Saat, die aufgehen wird, denn sie bereichert den Kosmos unserer Bilder – ganz anders als die Kreuzung von Pflanzen und Tieren, durch die die Welt verarmt und Vielfalt Marktgängigem weichen muss. wbg
Bis 26. 3., Di.–So. 11–17 Uhr, Oberseestr. 60
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