“Bitten“ unterfordert banal und prüde alle Zielgruppen
: Bitterernstes Eyecandy
um rüde Rüden

Die Couchreporter Heute: Jenni Zylka

Frauen werden zuweilen dysphemistisch als „Hühner“ bezeichnet, ihr Lachen als „Gackern“. Das ist auch dem Fernsehsender Sixx bekannt, dessen Programm sich nach Eigenaussage vor allem an Frauen richtet. Und vielleicht um tatsächlich eine sogenannte Dysphemismus-Tretmühle in Gang zu setzen, die negativ besetzte Wörter positiv konnotiert und zu „Geusenwörtern“ macht, hat er als Logo Hühner gewählt, die glücklich zusammen gackern – Mädelsabend.

Vielleicht ist ihm die feministische Komponente seines USP aber auch wumpe, und er findet das mit den Hühnern einfach „süß“. Mich nerven alle Hühner außer Prillan (das Chefhuhn bei „Petterson und Findus“), außerdem schaue ich englischsprachige Serien lieber im Original. Darum habe ich „Bitten“, die kanadische Fantasyserie, deren dritte und letzte Staffel schon im Herbst 2016 bei Sixx lief, jetzt erst neu auf Netflix geguckt und kann mich auch jetzt erst neu darüber ärgern.

Denn eigentlich liegt „Bitten“, in der die Abenteuer eines weiblichen Werwolfs beschrieben wird, eine tolle Idee zugrunde: Die Fotografin Elena lebt mit ihrem Boyfriend Philip in einer schnieken Bude in Toronto und macht ihre „Runs“, nächtliche Streifzüge in Wölfinnengestalt, so selten wie möglich – sie will ihre Vergangenheit als Mitglied eines Werwolfrudels in Stonehaven, New Brunswick hinter sich lassen. Als der „Leader of the Pack“ Jeremy Danvers die ehemaligen Rudelmitglieder zurückbeordert, weil ein böser Single-Werwolf sein Unwesen treibt und die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf die Danvers-Familie zu lenken droht, muss Elena sich nicht nur mit ihrer Natur als Werwölfin, sondern auch mit ihrem Exfreund Clayton auseinandersetzen, der sie immer noch leidenschaftlich anknurrt.

Aus dem klassischen Roots-Searching-Plot macht „Bitten“ nun aber leider nicht eine Mystery-Parodie à la „True Blood“, dessen Radikalität und Ideenreichtum auch noch eine starke gesellschaftskritische Komponente hatten. Nein, das auf Kelley Armstrongs „Otherworld“-Buchreihe basierende „Bitten“ orientiert sich an einer erwachseneren, aber genauso spießigen Version der „Twilight“-Saga – und stellt die Wölfin zwischen Exfreund Clayton und Jetzt-Freund Philip, die regelmäßig ihre Oberkörper präsentieren (der des Wolfs ist etwas behaarter als der des Menschen). Auch die anderen Rudelmitglieder raufen gern halbnackt im Garten, weil sie beim Kampf verwundet wurden und nun verbunden werden – die Variante mit dem verletzten männlichen Körper, der nur aus diesem Grund nackt ist, gilt ja als heterosafe, weil sie Frauen und Heteromänner in den Genuss von Männerkörpern bringt, ohne ihnen unerwünschte Geilheit unterzujubeln.

Natürlich ist es nicht das, was mich stört: Gegen rumpfoberhalb und Sex habe ich absolut nichts, im Gegenteil. Doch im Gegensatz zu „True Blood“ bringt „Bitten“ sein notdürftig mit einer Geschichte verkleidetes Eyecandy bitterernst unter die Leute. Übrig bleibt eine fast lächerliche Geschichte um rüde Rüden und eine stets frisch geföhnte Fähe. Die weibliche und eine mögliche homosexuelle Zielgruppe werden mit Softsex und Muckibuden-Pin-ups unterfordert. Schade. Hätte so gern mit den Wölfen geheult.