Sieht aus wie Schiefer, produziert aber Strom

Solardächer Diverse Firmen experimentieren mit Ziegeln oder auch ganzen Dächern, die gleichzeitig Strom herstellen

Schmücken auch Garagen: die neuen Solardächer Foto: Nichola Groom/reuters

Von Bernward Janzing

FREIBURG taz | Phänomen Tesla: Als Firmenchef Elon Musk kürzlich seine Solardachziegel vorstellte, konnte man den Eindruck gewinnen, als sei es das erste Produkt dieser Art. In Wirklichkeit ist die Idee so alt wie die Photovoltaik selbst. Nur hat bisher keines der Produkte den großen Durchbruch geschafft. Geht man heute durch die Straßen und blickt auf die Dächer, dominieren weiterhin die klassischen Module.

Ob sich das durch Tesla nun ändern wird? „Entscheidend ist, ob Tesla eine Methode gefunden hat, die einzelnen Ziegel schnell und sicher zu verkabeln“, sagt Tilmann Kuhn, Experte für Solarfassaden beim Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme (ISE) in Freiburg. Darüber sei aber noch nichts bekannt. Der Solarziegel selbst sei unproblematisch in der Fertigung, die Zellen ließen sich gut gegen Witterungseinflüsse einbetten: „Bei der Langzeitbeständigkeit gibt es keine Vorbehalte.“

Der elektrische Anschluss ist hingegen aufwändig. Die Materialkosten, die Montage auf dem Dach, die langfristige Kontaktsicherheit der Steckverbindungen – all das sind konstruktive Herausforderungen für die Hersteller. Doch mit technischen Informationen hielt sich Tesla bei seiner Präsentation zurück. Auch Preise und Leistungsdaten nannte die Firma nicht. Das neue Produkt soll frühestens im kommenden Sommer und zunächst auch nur in den USA erhältlich sein.

Firmenchef Musk konzentrierte sich vielmehr darauf, die praktischen Eigenschaften der Solarziegel hervorzuheben: Sie seien robust gegen jedes Wetter, würden sogar heftigen Hagel vertragen und hätten einen höheren Dämmwert als ein Standarddach.

Tesla folgt damit zahlreichen Vorgängern. So hatte die niederrheinische Firma Laumans schon vor Jahren Solarziegel entwickelt. Sie hatte die Tonziegel mit Solarzellen von jeweils fünf Watt bis 2004 im Programm, stellte die Fertigung aber mangels Nachfrage ein.

Neu auf dem Markt ist seit dem vergangenen Jahr auch ein Produkt der niederländischen Firma ZEP. Sie begrüßte die Tesla-Präsentation euphorisch, die auch den Niederländern plötzlich ungeahnte Aufmerksamkeit bescherte. Ihr Produkt kommt auf eine Spitzenleistung von 90 Watt pro Quadratmeter und bleibt damit hinter klassischen Großmodulen zurück, deren Werte zwischen 150 und 180 Watt pro Quadratmeter liegen.

Im englischsprachigen Raum sind seit vielen Jahren außerdem die „Sunslates“ ein Begriff, hergestellt von der US-Firma Atlantis Energy Systems. In Großbritannien sind sie beliebt, weil sie sich an die traditionelle Optik der Reihenhäuser anpassen, die ein Schieferdach besitzen. So können auch denkmalgeschützte Gebäude Solarstrom erzeugen. Mit 110 Watt pro Quadratmeter stehen die Sunslates nicht schlecht da.

Glaubt man Tesla, dann halten die Solarziegel sogar starken Hagel aus – und dämmenbesser als dienormalen Dächer

Mitunter werden unter den Begriff Solardachziegel auch dachintegrierte Großmodule gefasst, die mit Ziegeln zwar wenig zu tun haben, die aber als wasserführende Dachhaut durchaus die Funktion der Ziegel übernehmen. Ein Hersteller solcher Systeme ist die deutsche Firma Braas.

Diese integrierten Anlagen fallen deutlich weniger auf als die klassischen Anlagen, die über der Ziegelfläche montiert werden. Der Bundesverband Solarwirtschaft ist überzeugt, dass das Marktpotenzial integrierter Solaranlagen – nicht nur auf Dächern, sondern auch an Fassaden – „deutlich wachsen“ wird. „Immer dünnere, effizientere und preiswertere Solarzellen führen dazu, dass herkömmliche Dach- und Fassadenelemente künftig Energie produzieren werden, ohne das Erscheinungsbild von Gebäuden zu beeinträchtigen oder relevanten Installationsaufwand zu erzeugen“, sagt Geschäftsführer Carsten Körnig.

Dachintegrierte Anlagen kann man nämlich, sofern das Dach ohnehin neu gedeckt wird, betriebswirtschaftlich ganz anders kalkulieren. „Es zählen nicht mehr die Kosten pro installiertem Watt wie bei konventionellen Anlagen“, sagt ISE-Forscher Kuhn, „sondern die Kosten pro Quadratmeter.“ Wer dank der Module andere Baustoffe wie Ziegel oder Fassadenelemente einspart, muss nur noch fragen: Um wie viel Euro ist die Photovoltaik teurer als konventionelle Baustoffe, die keinen Strom erzeugen?

Über neue Formen der Photovoltaik haben also schon viele nachgedacht. Doch große Aufmerksamkeit erzeugt nur die Firma Tesla. Was auch an der Lokalität ihrer Präsentation liegen könnte: Die Firma nutzte dafür die Universal-Filmstudios in Los Angeles, den Drehort der erfolgreichen US-Serie „Desperate House­wives“.