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Sie kommen alle wieder

Wrestling Mit 50 Jahren ist Bill Goldberg eine der Hauptattraktionen der WWE. Die alt gewordenen Legenden kehren aus dem Ruhestand zurück. Vertraute Gesichter sollen für Quote sorgen

Wenn am Sonntag beim „Royal Rumble“ im Alamodome von San Antonio der militärisch anmutende Marsch ertönt, dann wird das Publikum jubeln wie immer. Denn dann ist Bill Goldberg auf dem Weg zum Ring bei der ersten großen Show des Jahres von World Wrestling Entertainment, dem weltgrößten Veranstalter – und die Zuschauer wissen, was sie wieder erwartet: Zerstörung.

Goldberg ist aktuell das große Zugpferd der WWE, die ihn nach zwölf Jahren Ruhestand mit einem hoch dotierten Vertrag wieder ins Geschäft zurückgelockt hat. Jene Inszenierung als Naturgewalt macht den glatzköpfigen Hünen seit jeher aus, sie erhob ihn schon Ende der Neunziger zu einer Legende. Da galt der „Hebrew Hulk“ als der populärste jüdische Sportler der USA. Goldberg kam vom Profifootball und wurde systematisch zum Star der WWE-Konkurrenz World Championship Wrestling (WCW) aufgebaut.

Die Matches von Goldberg dauerten meisten nur wenige Minuten und wurden so zum Ereignis – damals wie heute. „Ich wollte, dass mich auch mein Sohn im Ring sieht“, erklärte Goldberg zu seinem Comeback im vergangenen November.

„Gerade das ist doch das Problem“, sagt Jim Cornette, in den Neunzigern einst selbst „Manager“ diverser Größen vor der Kamera, dahinter Kommentator und Promoter in Personalunion. Denn so großartig die Rückkehr der mittlerweile 50-jährigen Ikone fürs Jetzt sein mag, so mittelmäßig sieht die Zukunftsplanung der WWE aus.

Zwar gibt es viele Talente mit Potenzial, doch seit Jahren schon ist es nicht gelungen, einen Wrestler hervorzubringen, der annähernd in die Sphären eines Goldberg oder auch Dwayne „The Rock“ Johnson vorstoßen könnte. „Es ist doch ein Armutszeugnis, dass man keinen jungen Star als vergleichbare Attraktion profilieren konnte“, sagt Cornette. Im Hauptmatch der größten WWE-Show „Wrestlemania“ stand vier Mal in den letzten fünf Jahren ein Name aus alten Zeiten: Zwei Mal war es Filmstar Johnson, dann der auch aus der MMA-Liga UFC bekannte Brock Lesnar, im letzten Jahr dann Paul „Triple H“ Levesque, der mittlerweile im Management des Unternehmens wirkt.

Zwar mögen jüngere Stars häufiger um Titel kämpfen – schließlich sind sie auch jede Woche in den zahlreichen WWE-TV-Shows präsent. Doch als Zugpferde für Großveranstaltungen wird noch oft ein großer Name alter Zeiten eingespannt. „Mir fällt aktuell kaum jemand ein, der noch nicht wieder zurückgebracht wurde“, erklärt Kommentator Jim Ross, eine der größten Instanzen im Wrestling. „Wieso denkt man nicht endlich langfristig?“, fragt auch Cornette. Dabei spielt auch die Personalpolitik der WWE eine wichtige Rolle.

Vince McMahon, der große Patriarch des Unternehmens, sprach einmal von der „Chance, die jeder ergreifen muss“, um ein Star zu werden. Jedoch ist es ein offenes Geheimnis, dass ohne Unterstützung durch die Führungsetage jener Schritt kaum möglich ist. Seit nunmehr drei Jahren etwa soll der Wrestler „Roman Reigns“ zwanghaft zum Helden aufgebaut werden. Besonders die hartgesottenen Fans aber nehmen den talentierten, aber trotz gesunder Bräune und wallender schwarzer Mähne etwas farblosen 30-Jährigen einfach nicht an – auch wegen der mitunter beschämend plumpen Präsentation durch die Autoren der Shows.

Das geht so weit, dass sogar Fernsehbilder manipuliert werden. Erst vor wenigen Wochen wurde in der Wiederholung einer Reigns-Niederlage der Schnitt auf einen jubelnden Fan durch eine Sequenz desselben Fans aus einer anderen Stelle der Show ersetzt – dieses Mal mit schockierter Miene. „Ich würde mir wünschen, dass man hier nichts forciert, sondern die Beziehung zu den Fans natürlich entstehen lässt“, sagt Ross.

„Damit mich mein Sohn auch im Ring sieht“, sagt Goldberg zu seinem Comeback

Der für seine oft mindestens trotzige Art bekannte McMahon soll hinter den Kulissen dagegen sogar die Devise ausgegeben haben: „Die Fans haben zu mögen, wen wir dafür aussuchen.“

Bill Goldberg soll Insidern zufolge sein wirklich letztes Match bei Wrestlemania im April dieses Jahres bestreiten. Es wird erneut der Zuschauermagnet sein – auch ohne Zutun der WWE.

David-Emanuel Digili

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