Wie am Schnürchen

Satire Viel Spott über den Marktplatz der Diskurse: „The Making-of …“ von Nora Abdel-Maksoud im Studio R am Gorki Theater

Das Verkaufen von Kunst ist zu einer eigenen Kunstgattung geworden, das „Making of …“, der werbende Blick hinter die Kulissen zu einem ihrer Formate. Der Mythos von der Familie, die das Team hinter der Kamera gebildet hat, wird da ebenso professionell gepflegt, wie die ganz besonderen Herausforderungen, denen sich ein Action-Darsteller gegenübersah.

Mainstream-Kino, Mainstream-Fernsehen, über dessen heroische Selbststilisierung und Selbstbeweihräucherung ein paar Witze zu reißen ist erst mal nicht so schwer. Das Stück „The Making-of“, das Nora Abdel-Maksoud, selbst Schauspielerin, für das Studio R im Gorki Theater geschrieben und inszeniert hat, ist denn auch erst mal überraschend gefällig in seinem Witz.

Das läuft wie am Schnürchen, die Darsteller, die über ihre Beteiligung an der Produktion eines Films erzählen, in dem Batman gegen den Schakal kämpft, der mit seiner Untergrundarmee Bottrop vernichten will, gleiten wie auf Rollen gezogen in das filmformatige Fenster der kleinen Bühne.

Gordon, die Regisseurin, die endlich einmal Geld verdienen will, präsentiert ihre Stars. Aber schon mischen sich schräge Töne ins erwartete Image. Passt eine feministische Performerin zur blonden Hauptrolle des Girls? Warum darf der Schakal nicht reden? Und warum klingt die tiefe Stimme von Mads, dem Fledermausmann, so verzerrt?

Es stellt sich heraus, dass Mads eigentlich mit heller Mädchenstimme schwäbelt und ihm sein Papa, Dolph Lundgren, als Produzent die Rolle gekauft hat.

Dem mit ausdrucksstarker Resignation schweigenden Schakal wurde sein Text gestrichen, damit seine langjährige Erfahrung nicht zu dominant wird und den Rest als Amateure alt aussehen lässt. Die feministische Gloria trinkt sich den Schwachsinn des

Genüssliches Trampeln

Damit steht „The Making-of …“ in einer schöner Tradition der Unterhaltungskunst, die über sich selbst spottet. Doch man ist nicht umsonst im Studio R des Gorki Theaters; auch auf den am Haus gepflegten Diskursen trampelt man genüsslich rum.

„Race class gender“ wirft Gordon gelegentlich in die Teamstreitereien ein, an sinnvollen und sinnlosen Stellen, es klingt wie ein Argument, entpuppt sich aber schnell als ein weiteres Label auf der Suche nach Aufmerksamkeit. Verballhornt wird auch, vielleicht sogar liebevoll, das Kritikerdeutsch, das auf der Suche nach Mehrwert in Sexszenen sehr philosophisch werden kann und getrieben ist von der steten Bereitschaft, Mythen der Befreiung in dieses und jenes hineinzulesen.

Besonders angetan haben es Nora Abdel-Maksoud dabei Formulierungen, die es noch im Banalsten schaffen, den Wechsel vom Objektstatus zur Subjektwerdung der ganz ihrem Begehren hingegebenen Frau zu finden.

Feuilletonfreude

Das Stück ist ein Spaß für Feuilletonleser und Theaterfreunde, weil es auch alles Leiden an diesen Leidenschaften einschließt. Es wirkt im Programm des Gorki Theaters wie ein Comical-Relief inmitten eines Programms, das dem Schrecken der Welt zwar nicht immer gelungen, aber doch beherzt ins Auge zu blicken versucht.

„The Making-of …“ ist nicht das erste Stück, in dem Nora Abdel-Maksoud über die Besetzung von politischen Diskursen durch die Werbeindustrie nachdenkt. Schon in „Kinks“, das sie am Ballhaus Naunynstraße her­ausbrachte, ging es um den Kunstbetrieb und die Vereinnahmungskräfte des Marktes. Mit den Schauspielern Eva Bay (Mads), Mareike Beykirch (Gloria), Stella Hilb (Gordon) und Till Wonka (Schakal) bildet sie ein eingeschworenes Satire-Team, das auch da, wo der Text etwas schwammig wird, mit Temperament darüber hinwegfegt.

Katrin Bettina Müller

23. + 24. 1., 19., Studio R