Portrait
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Neuer Präsident des Europäischen Parlaments: Antonio Tajani Foto: dpa

Berlusconis Mann in Brüssel

Er hat das Parlament gespalten wie kein anderer. Eine „Provokation“ und „unwählbar“ sei der Kandidat der konservativen Europäischen Volkspartei (EVP), hieß es bei Sozial­demokraten, Grünen und Linken. Als „Berlusconi-Buddy“ und „Fiat-Freund“ wurde Antonio Tajani verschrien, weil er einst Sprecher des „Bunga-Bunga“-Premiers und später EU-Industriekommissar mit Faible für italienische Kleinwagen war.

Doch am Tag seiner Wahl ging Tajani auf seine Kritiker zu. „Wir sind nicht immer einer Meinung. Aber wir wissen alle, dass wir Lösungen finden müssen“, sagte der 63-jährige Mitgründer der populistischen Forza Italia. Er werde ein „neutraler“ Präsident sein und nicht versuchen, „eine politische Agenda zu pushen“, beteuerte er. Ein Friedensangebot an seine Kritiker.

Zugleich setzte sich Tajani damit auch von seinem Amtsvorgänger Martin Schulz (SPD) ab, der die Agenda nach eigenem Gusto bestimmte und sich oft über die Wünsche der 751 Abgeordneten hinwegsetzte. Damit soll nun Schluss sein. EVP-Fraktionschef Manfred Weber (CSU) hatte die Linie schon vor Tagen vorgegeben: Tajani soll mehr repräsentieren und moderieren, so wie der Präsident des Deutschen Bundestags in Berlin.

Das europäische Engagement fiel bei dem gebürtigen Römer bisher eher mau aus. Zwar war Tajani von 2010 bis 2014 EU-Industriekommissar in Brüssel. Doch er setzte kaum eigene Akzente. Und den VW-Dieselskandal, der in seine Amtszeit fiel, hat er komplett verschlafen.

Bei der Europawahl 2014 zog er ins Europaparlament ein – als Vizepräsident. Außerdem arbeitete er im Industrieausschuss mit sowie in den Delegationen für die Beziehungen mit Brasilien, Mercosur und der Parlamentarischen Versammlung Europa-Lateinamerika.

Zum Präsidenten des EU-Parlements gewählt wurde Tajani nun durch das neue Bündnis der Konservativen mit den Liberalen. Das Koalitionsprogramm trägt eine liberale Handschrift – und keine konservative. Allerdings stellte Tajani klar, dass er sich daran nicht gebunden fühle. Seine Prioritäten fasst er in drei Worten zusammen: „Sicherheit, Migration und Jobs“. Sehr ambitioniert klingt es nicht. Eric Bonse

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