LeserInnenbriefe
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Die andere Seite

betr.: „Berührend menschlich“, taz vom 14. 1. 17

„Berührend menschlich“ – so der Titel der taz-Story von Simone Schmollack über „Sex auf Rezept“. So „berührend menschlich“ ist ihre Empathie jedoch offenbar nur für eine Seite dieser Idee, nämlich für die der Not leidenden meist älteren Herren. Der Anspruch gälte selbstverständlich für beide Geschlechter, klar. Hunderttausende behinderter und schwer kranker Frauen werden selbstbewusst die Praxen stürmen nach Rezepten für „Assistenten“ oder je nach Neigung auch für „Assistentinnen“. Gute Sache, so ließen sich die häufig katastrophalen Zustände in Pflegeheimen gleich viel gelassener ertragen.

Bei dem Artikel fehlt jedoch völlig die Sicht auf die Menschen der anderen Seite dieser Idee, nämlich die Sicht auf die missbrauchten Prostituierten, verbrämt als „Assistentinnen“. Leider ist hier die taz wie immer höchst einseitig im Fahrwasser der Grünen und es unterbleibt jegliche kritische Betrachtung. Die seit Jahren verfolgte und leider in einer mit der Zeit abgestumpften Gesellschaft erfolgreich gewesene Linie, Prostitution „normal“ und „gesellschaftsfähig“ zu machen, zu ihrem Ausbau massiv beigetragen zu haben, wird erneut und wie im Reflex versucht weiter auszubauen. Im Gegensatz zu Grünen- und taz-Einstellung ist und bleibt Prostitution jedoch kein Beruf wie jeder andere, sondern ein solches Leben als Abfalleimer der Gesellschaft zerstört, mehr als jede andere Misshandlung, ein Wesen für immer. Wie ist es möglich, besonders für die Frauen der Grünen, das völlig auszublenden?

Der Artikel ist somit für mich nicht „berührend menschlich“, sondern „erschreckend patriarchal und unmenschlich“!

BRIGITTE STEPHAN, Berlin

Unlogische Weltsicht

betr.: „Es sind die Mieten, stupid“, taz vom 14. 1. 17

Es sich in einer unlogischen Weltsicht bequem zu machen, ist offenbar keine Spezialität der „FAZ-Klientel“: Denn natürlich besteht Letztere eben nicht ausschließlich aus mehrfachen Hausbesitzern, und für ihre Zweit- oder Drittwohnung fleißig Miete kassieren können auch fürstlich bezahlte Bundestagsabgeordnete der Linkspartei. Sparguthaben von „nur“ ein paar tausend Euro reichen dagegen ganz offensichtlich nicht aus, um mal eben zum Miet-Tycoon aufzusteigen – selbst offene Immobilienfonds scheiden wegen Haltefristen und einem nicht vernachlässigbarem Risiko aus, wenn man Verluste nicht „mal eben“ wegstecken kann. Auch diese kleinen Guthaben verlieren aber durch die Mietinflation an Wert, weil davon immer höhere Mietkautionen geleistet werden müssen und das Eigenheim durch steigende Immobilienpreise ebenfalls in immer weitere Ferne rückt.

Im „sozialistischen“ (Zitat nach „FAZ und Springer“) Frankreich garantiert die öffentliche Hand einen Mindestzinssatz für Sparguthaben unter ca. 30.000 Euro. Denn solange Privateigentum nötig ist, um für die Risiken der Zukunft gewappnet zu sein, trifft, so scheint es mir zumindest, die Inflation die kleinen Sparer deutlich härter als Besitzer großer Vermögen, die ohne Weiteres breit gestreut in Sachwerte investieren können. Es ist ärgerlich, dass eine Expertin wie Ulrike Herrmann auf dieses Problem nicht eingeht, obwohl man erwarten würde, dass sie es doch eigentlich viel besser könnte.

ECKHARD WALLIS, Paris, Frankreich

Lesenswerte taz

betr.: „Erwischt“, taz vom 13. 1. 17

Kommentare wie der von Arno Frank zu „Fake-News-Opfer Donald Trump“ sind der Grund, warum die taz immer wieder lesenswert ist und bleibt. BARBARA SKERATH, Köln

Keine Vertriebene

betr.: „Erika Steinbach geht rechts ab“, taz vom 16. 1. 17

In dem Bericht fehlt eine wesentliche Information: Erika Steinbach ist zwar in Polen geboren, aber als Tochter eines Besatzungssoldaten, eines Feldwebels der Luftwaffe, der ab 1939 in den vom Deutschen Reich besetzten Ort Rumia/Rahmel beordert wurde. Auch ihre Mutter kam 1943 in das besetzte Rumia als Luftwaffenhelferin. Sie ist also keine Vertriebene und das bewies sie auch durch ihre Haltung gegenüber den heutigen Flüchtlingen.

Ich traf in den vergangenen Monaten viele nach dem Zweiten Weltkrieg nach Deutschland Vertriebene und ihre Nachkommen unter denjenigen, die den Flüchtlingen als Freiwillige halfen und Patenschaften übernahmen. „Meine Großeltern kamen als Flüchtlinge 1945 nach Deutschland mit einem kleinen Koffer und die Menschen hier hatten ihnen geholfen. Jetzt ist es meine Pflicht, es weiterzugeben“, sagte mir zum Beispiel eine junge Frau im rheinhessischen Jugenheim. Und sie war bei Weitem nicht die Einzige, die die Hilfe für die Flüchtlinge als eine Pflicht, die sich aus der Fluchterfahrung ihrer Familie ergibt, gesehen hat. Alle diese Menschen stehen auf den Positionen der so oft strapazierten europäischen Werte, nicht so Erika Steinbach.

ALENA WAGNEROVA, Saarbrücken

Beste Lösung

betr.: „Erika Steinbach geht rechts ab“, taz vom 16. 1. 17

Warum wird aus der Sache so ein „Theater“ gemacht? Der Austritt Steinbachs aus der CDU ist hauptsächlich ihre persönliche Angelegenheit. Wenn ihre Ansichten und die der CDU zu stark voneinander abweichen, dann sollte der gemeinsame Weg beendet werden. Das ist für beide Seiten die beste Lösung.

JULIA ENGELS, Elsdorf