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Der Miethai
: Kündigung wegen Eigenbedarfs

Eve Raat­schen ist Juristin beim Mietern helfen Mietern

Der Bundesgerichtshof hat am 14. 12. 2016 (VIII ZR 232/15) seine mieterunfreundliche Rechtsprechung zur Eigenbedarfskündigung fortgesetzt. Es ging um die Kündigung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, bestehend aus vier Personen, die Eigenbedarf für die Tochter eines ihrer Gesellschafter geltend machte. Der Bundesgerichtshof hat bestätigt, dass eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts ebenso wie eine Erbengemeinschaft oder eine Miteigentümergemeinschaft für einen der Gesellschafter/Miterben oder deren Angehörige eine Eigenbedarfskündigung aussprechen kann.

Diese Einschätzung ist nicht neu, wurde jedoch noch einmal ausdrücklich in dem Urteil bestätigt. Grundsätzlich ist die Kündigung möglich unabhängig davon, wie viele Gesellschafter vorhanden sind. Eine Ausnahme lässt der Bundesgerichtshof allerdings zu, wenn zum Beispiel bei einer Fondsgesellschaft die Gesellschaft durch ihren Gesellschaftszweck zum Ausdruck bringt, dass persönliche Bedürfnisse der Gesellschafter keine Rolle spielen. Eine Eigenbedarfskündigung wäre in einem solchen Fall unzulässig.

Der Bundesgerichtshof ändert in diesem Urteil, was ebenso schwerwiegend ist, seine Rechtsprechung zur Anbietpflicht. Bisher war die Kündigung eines Vermieters, der im gleichen Haus eine andere freie Wohnung besitzt und diese seinem Mieter nicht als Alternative anbietet, unwirksam. Das war gestern, sagt der Bundesgerichtshof. Jetzt gilt: Auch wenn andere Wohnungen zur Verfügung stehen, macht das die Kündigung nicht unwirksam.

Der Mieter könne aber nach seinem Auszug eventuell Schadenersatz verlangen, wenn der Vermieter eine andere Wohnung im Haus hätte anbieten können. Worin dieser Schadenersatz bestehen kann, sagt der Bundesgerichtshof nicht, denkbar wären hier die Mehrkosten für einen Umzug.

Eigennutzung geht vor

Die gesamte Entscheidung fügt sich gut in die Rechtsprechung der letzten Jahre ein, die festgelegt hat, dass der Eigennutzungswunsch des Vermieters von einem Gericht grundsätzlich nicht infrage gestellt werden darf. So sind Kündigungen für wirksam gehalten worden, die der Vermieter damit begründet hat, dass er die Wohnung für gelegentliche Besuche in einer anderen Stadt benötigt, ebenso Kündigungen einer 100-m²-Wohnung für den studentischen Sohn des Vermieters, Kündigungen für einen vorübergehenden Bedarf des Vermieters oder nach nur kurzer Mietzeit.

Was viele Vermieter jedoch zu vergessen scheinen: Eine Eigenbedarfskündigung ist immer nur wirksam, wenn der Eigenbedarf auch tatsächlich besteht. MhM geht davon aus, dass ein Großteil der ausgesprochenen Eigenbedarfskündigung vorgetäuscht sind. Die Bedarfsperson möchte gar nicht einziehen, sondern die Wohnung soll teurer weiter vermietet oder verkauft werden. Vermieter müssen in einem möglichen gerichtlichen Räumungsverfahren beweisen, dass der Eigenbedarf tatsächlich besteht und die Bedarfsperson wirklich einziehen möchte. Wenn Mieter daran Zweifel haben, sollten sie unbedingt weitere Informationen einholen und sich vor allem gut beraten lassen, bevor sie voreilig dem Wunsch des Vermieters nachkommen.

Stellt sich erst im Nachhinein heraus, dass der Eigenbedarf vorgetäuscht war, hat der Mieter einen Schadensersatzanspruch, der sowohl Umzugskosten als auch höhere Mietkosten umfassen kann. Auch sollten Vermieter bedenken, dass eine Kündigung aufgrund vorgetäuschten Eigenbedarfs strafrechtlich verfolgt werden kann.

Mieter helfen Mietern, Bartelsstraße 30, 20357 Hamburg, ☎040-431 39 40