Wirtschaftselite fürchtet Rechtspopulisten

Davos Wegen des globalen Rechtsrucks entdecken Spitzenmanager das Thema soziale Spaltung

Problem für die Wirtschaft: Trump-Fan im Wahlkampf Foto: T. Van Auken/dpa

BERLIN taz | Einkommen und Vermögen sind immer ungleicher verteilt – das macht zunehmend auch Managern und Ökonomen Sorgen. So steht es im neuen Welt-Risiko-Bericht, den das Weltwirtschaftsforum (WEF) am Mittwoch veröffentlichte – kurz bevor in der kommende Wochen der gleichnamige Kongress der weltweit wichtigsten Wirtschaftslenker in Davos stattfindet.

In Zusammenarbeit mit Konzernen wie der Zurich Versicherung und Universitäten hat das WEF rund 750 Experten, Unternehmer und Wissenschaftler über die vermutlichen Risiken in 2017 und den folgenden Jahren befragt. Die Polarisierung zwischen Arm und Reich stand zwar auch in den vergangenen Jahren mehrfach auf Spitzenplätzen der Risiko-Berichte, allerdings werden die Warnungen jetzt eindringlicher. Die Befragten nennen „soziale Ungleichheit“ und „Polarisierung“ an erster und dritter Stelle der bestimmenden Trends der kommenden zehn Jahre.

In der aktuellen Ausgabe findet sich etwa der Hinweis, dass die bisherige Strategie des Wirtschaftswachstums möglicherweise nicht mehr reicht, um die gesellschaftlichen Brüche innerhalb reicher Staaten wie Deutschland zu heilen. „Die Reform des Markt-Kapitalismus muss ebenfalls auf die Agenda“, schreiben die Autoren. Diese Aussage ist von besonderer Bedeutung, weil das WEF von den größten Unternehmen weltweit getragen wird. Einige Wirtschaftsführer scheinen an ihren eigenen, früher funktionierenden Strategien zu zweifeln.

Als Anlass für diese Sorgen nennt der Bericht unter anderem den Volksentscheid über den Austritt Großbritanniens aus der EU und die Wahl Donald Trumps zum US-Präsidenten. Eine verbreitete Interpretation lautet, dass Jobverlust und die Furcht vor sozialem Abstieg den Rechtstrend begünstigen.

In den kommenden Jahren könnten sich die sozialen Spannungen noch verstärken, schreiben die Autoren. Sie warnen davor, dass sich die reichen Gesellschaften dem digitalen Wandel nicht schnell genug anpassen. Wenn auf breiter Ebene internetbasierte Produktionsverfahren, künstliche Intelligenz und Roboter eingeführt würden, könne das große positive, aber auch starke negative Effekte auslösen.

„Ohne die richtige politische Steuerung und Requalifizierung der Beschäftigten wird die Technologie die Arbeitsplätze schneller vernichten als neue schaffen“, sagte Zurich-Managerin Cecilia Reyes. Ein paar Gedanken macht sich das WEF inzwischen auch über neue soziale Sicherungssysteme. Beim Kongress in Davos bietet man eine Veranstaltung über das bedingungslose Grundeinkommen an.

Neben den sozialen Fragen haben die Befragten den Klimawandel als zweitwichtigsten Trend der kommenden zehn Jahre identifiziert. 2016 seien dank dem Pariser Klima-Abkommens erhebliche Fortschritte erzielt worden. Unter anderem wegen der Wahl Trumps fürchten sie allerdings, dass es in Zukunft wieder zu Rückschlägen kommt.

Hannes Koch