Hamburg in Ekstase

Elbphilharmonie-Opening

Endlich ist der Hamburger wieder glücklich. Weiß wieder, wo er hingehört – beziehungsweise wohin nicht: Nämlich nicht in die Elbphilharmonie-Eröffnungskonzerte am 11. und 12. Januar. Denn da ging nur jede vierte Karte ans Volk, den Rest erhielten die Großkopferten, die so plötzlich wie zahlreich zu Musikfreunden wurden. Angela Merkel und Joachim Gauck sind darunter, Hamburgs Politiker sowieso.

So viel Prominenz! Da freut sich der Hamburger, da winkt er vergnügt in die Webcam oder zur Elbphilharmonie-Fassade, die sich nach zehnjähriger Bauzeit tatsächlich erdreistet, die Tage bis zur Eröffnung herunterzuzählen. Und der NDR überträgt den Countdown per Livestream, als harrten wir am Cape Canaveral der nächsten Mars-Mission.

Dabei wäre angesichts des desaströsen Baumanagements eher schamhaftes Schweigen angebracht gewesen. Aber nicht so der Hamburger: Der beantragt gleich eine Sonderbriefmarke, über die fast alle Medien erregt berichten. Und aus ist es mit der journalistischen Distanz: Jetzt wird gefeiert und PR für die Elbphilharmonie gemacht. Wäre doch gelacht, wenn man die Verzehnfachung der öffentlichen Kosten auf fast 800 Millionen Euro und die Kritik am Elite-Tempel nicht vergessen machen könnte!

Dabei ist der Elbphilharmonie-Webshop am 4. Januar, wie schon im Herbst, erneut abgestürzt, als die Eintrittskarten für die preisgünstigen „Konzerte für Hamburg“ verkauft werden sollten. So viel zum „Haus für alle“.

Noch weniger „für alle“ ist das Stück, das Wolfgang Rihm zur Eröffnung komponierte. „Triptychon und Spruch in memoriam Hans Henny Jahnn“ hat er es genannt und den 1959 verstorbenen Autoren als Hamburgs „bedeutendste geistige Gestalt des 20. Jahrhunderts“ bezeichnet. Kennt den irgendwer? Nein. Ein glitzerndes Konzerthaus ist dem Hamburger Identität genug. PS