OFF-KINO

Off-Kino

Lars Penning

Filme aus dem Archiv– frisch gesichtet

Die Auseinandersetzung mit den Filmen von Veit Harlan bleibt schwierig, vor allem natürlich, weil seine Propagandafilme, der von antisemitischen Klischees durchtränkte „Jud Süß“ und das Volkssturm-Durchhalte-Drama „Kolberg“, den Rest seines Werks überschatten. Aber auch, weil uns seine Melodramen mit den pathetischen Figuren und schwülstigen Gefühlsaufwallungen heute fremd erscheinen. Doch Harlan war ein interessanter Regisseur, dessen Filme von Gegensätzen und Widersprüchen leben: In der Dreiecksgeschichte „Opfergang“ (1942/44), den das Zeughauskino in einer restaurierten Fassung zeigt, ist etwa die Außenwelt ein Ort fieberhafter Aktivitäten, während in den Innenräumen Stillstand und Tod lauern. Der sehr femininen und frischen Erotik von Kristina Söderbaum als Skandinavierin Äls steht die Zurückhaltung der eher steifen Irene von Meyendorff als hanseatische Senatorentochter Octavia gegenüber – dies setzt sich auch in Zuordnung der Farben fort: lebendiges Rot gegen kühles Weiß und Blau in spektakulärem Agfacolor. Am Ende hat der Film die emanzipierte, unvernünftige und todkranke Äls, in die sich Octavias Mann Albrecht (Carl Raddatz) verliebt, in derart glühenden Farben gezeichnet, dass das konventionelle Happyend der Eheleute nur noch eine schale Pflichterfüllung sein kann. Angesichts der unverhohlenen Mischung aus Erotik und Todessehnsucht war Propagandaminister Goebbels von „Opfergang“ übrigens ziemlich entsetzt (6. 1., 18.30 Uhr, Zeughauskino).

Ein komplexes Anime schuf Goro Miyazaki mit „Der Mohnblumenberg“ (2011) nach einem Drehbuch seines Vaters Hayao und Keiko Niwa. Tatkräftige, aber leicht verdruckste Jungen und noch viel tatkräftigere Mädchen bevölkern die durch ein Familiengeheimnis verkomplizierte Liebes- und Freundschaftsgeschichte der Teenager Umi und Shun, die zugleich unverhohlen nostalgisch am Beispiel eines zum Abriss vorgesehenen alten Schulklubhauses von einer im Verschwinden begriffenen Welt vor dem großen japanischen Modernisierungsschub anlässlich der Olympischen Spiele von 1964 erzählt (5. 1.–8. 1., 16 Uhr, Bali-Kino).

Einer der komischsten Filme Buster Keatons ist „Sherlock jr.“ (1924), ein wunderbares Spiel mit dem Illusionscharakter des Kinos: Als Filmvorführer schläft Buster ein, um anschließend als Sherlock jr. nicht nur gegen fiese Schurken und explosive Billardkugeln zu kämpfen, sondern auch mit der unverständlichen Filmmontage, die den verwirrten Detektiv ständig an andere Orte versetzt (6. 1., 16.30 Uhr, Arsenal 1).