Der Terror kehrt zurück

Drei Selbstmordattentäter sollen die tödlichen Anschläge auf Bali durchgeführt haben. Die Polizei fahndet nach Unterstützern

Aus Bangkok NICOLA GLASS

Offenbar haben Selbstmordattentäter die Bomben gezündet, die am Samstag auf der indonesischen Ferieninsel Bali 22 Menschen getötet und rund 130 verletzt haben. Darauf deuten die bisherigen Ermittlungen hin. Derzeit bemüht sich die Polizei, die drei Täter zu identifizieren und Hinweise auf die Drahtzieher zu bekommen. Zu diesem Zweck wurden gestern Fotos von den abgetrennten Köpfen der mutmaßlichen Attentäter veröffentlicht. Ein Amateurvideo, das einen der Verdächtigen in dunklem T-Shirt zeigt, soll außerdem helfen, die Abläufe in der Bombennacht zu rekonstruieren. Zudem trafen gestern Eliteeinheiten der australischen Polizei ein, um Indonesien bei der Fahndung zu unterstützen. Hinter den Anschlägen vermuten Ermittler das in Südostasien operierende Terrornetzwerk Jemaah Islamiyah (JI), dem Kontakte zu Ussama Bin Ladens al-Qaida nachgesagt werden. Erst kürzlich haben Experten darauf verwiesen, dass die JI sich eine neue Generation von radikalen Anhängern herangezogen habe, die neue Anschlagswellen vorbereite (siehe Text unten). Auch radikalislamistische Splittergruppen kommen als Attentäter infrage.

Als potenzielle Drahtzieher der jüngsten Attentate benannte der Chef der Antiterrorabteilung im Ministerium für Sicherheit, Ansyaad Mbai, die beiden aus Malaysia stammenden Extremisten und mutmaßlichen Bombenbauer Asahari bin Husin und Noordin Mohammed Top (siehe Portrait). Sie sollen auch die verheerenden Bali-Attentate vom 12. Oktober 2002 organisiert haben, bei denen 202 Menschen starben.

Fest steht bislang, dass die drei Attentäter mit Sprengstoffwesten am Körper die Restaurants in den Touristenorten Kuta und Jimbaran betreten hatten. Zwei Detonationen hatten sich zur Abendessenzeit gegen 20 Uhr Ortszeit in Fischrestaurants am Strand von Jimbaran ereignet, eine dritte Bombe war in einem Steakhouse in Kuta hochgegangen. Die Anschläge seien ganz klar koordiniert gewesen, sagte Balis Polizeichef I-Made Mangku Pastika. Die Polizei geht zudem davon aus, dass die Attentäter mit mindestens drei weiteren Personen zusammengearbeitet haben, die die Bomben mit Mobiltelefonen ferngezündet hatten.

Nach den heftigen Explosionen machten sich Angst und Panik breit. Der Australier Sean Mulcahy verglich die Zustände im Krankenhaus von Balis Hauptstadt Denpasar mit der chaotischen Situation in einem Kriegsgebiet: „Der ganze Flur war mit Blut bedeckt. Menschen wurden auf dem Boden wiederbelebt, Menschen mit fehlenden Gliedmaßen. Ein völliges Chaos.“ Die meisten Toten waren Indonesier, getötet wurden aber auch Australier und Japaner. Zwei Dutzend Menschen gelten noch als vermisst.

Seit Juli lagen Indonesiens Regierung Geheimdienstinformationen über einen bevorstehenden neuen Anschlag vor. Die Informanten sollen jedoch Jakarta als Terrorziel benannt haben. Präsident Susilo Bambang Yudhoyono verurteilte die Attentate als „terroristische Tat“. Auch die Regierungen Deutschlands, der USA, Großbritanniens und Australiens brandmarkten die Anschläge als „verbrecherisch“. Die USA und Großbritannien boten Indonesien weitere Hilfe im Kampf gegen den Terror an. UN-Generalsekretär Kofi Annan beklagte am Wochenende, dass Bali erneut „Schauplatz einer terroristischen Gräueltat geworden“ sei.

Zynisch und tragisch ist es, dass Bali drei Jahre nach dem verheerenden Anschlag 2002 erneut als Ziel ausgewählt wurde. Dies ist ein Indiz dafür, dass die Drohungen des Westens die militante Szene kalt lassen. Den Extremisten kommt dabei zugute, dass der Umgang Indonesiens mit dem Terrorismus höchst ambivalent war. Nach den Bali-Attentaten vom Oktober 2002 hatte die damalige Regierung unter Präsidentin Megawati Sukarnoputri zwar im Eilverfahren Antiterrordekrete erlassen. Diese ermöglichten es, die im Fall Bali verhafteten Hauptverdächtigen im Nachhinein zu Todesstrafen zu verurteilen. Beobachter monierten allerdings, dass es Indonesiens Regierung jahrelang versäumt habe, die Jemaah Islamiyah öffentlich als Terrororganisation zu brandmarken und die anhaltende Rekrutierung gewaltbereiter Anhänger zu stoppen.