Land legt Tsunami-Hilfe trocken

Die NRW-Anlaufstelle für Fluthilfe soll unter Schwarz-Gelb nicht mehr gefördert werden. Obwohl die Hilfe für Süd- und Südostasien weiter gehen muss, will das Land lieber dem eigenen Haushalt helfen

VON SEBASTIAN SEDLMAYR

Neun Monate nach der Flutkatastrophe in Südasien ist die zentrale Koordinationsstelle für Hilfsmaßnahmen in Düsseldorf von der Schließung bedroht. Die schwarz-gelbe Landesregierung plant nach Informationen der taz, die Förderung der „Kontakt- und Servicestelle NRW“ zum Jahresende einzustellen.

Bei der Servicestelle kümmern sich seit Ende Januar vier Mitarbeiter darum, dass die Hilfsangebote aus NRW koordiniert werden und den Betroffenen in Südasien zugute kommen. Träger der Einrichtung ist die Internationale Weiterbildung und Entwicklung GmbH (InWEnt). „Wir sind natürlich nicht mit dem Ende der Förderung einverstanden“, so die Leiterin der Servicestelle, Olivia Bee. „Viele Kommunen haben ihre Maßnahmen gerade erst begonnen.“ Das Land bringt für das Hilfsbüro 250.000 Euro auf, die Stiftung Umwelt und Entwicklung in Bonn steuert 96.000 Euro bei.

Die rot-grüne Landesregierung hatte die Servicestelle Ende Januar eingerichtet. Städte, Schulen, Vereine, Unternehmen und Einzelpersonen haben sich nach der Katastrophe vom 26. Dezember 2004 bei InWEnt gemeldet. In den ersten drei Monaten trafen 280 Anfragen ein. Inzwischen seien Neuzugänge zwar seltener geworden, InWEnt will jetzt aber an der „Verstetigung“ arbeiten, so Olivia Bee. Es gebe genug zu tun.

Insbesondere die Beratung und Weiterbildung für städtische Angestellte, die nie zuvor mit entwicklungspolitischen Problemen konfrontiert waren, sei vonnöten, um eine nachhaltige Aufbauarbeit in den Katastrophengebieten zu gewährleisten, so Bee. Für nächstes Jahr habe sich die Servicestelle vorgenommen, Beratung für langfristige Hilfe zu leisten und die Vernetzung der Akteure zu verbessern. Das sei nötig, damit nicht überall nur Schulen entstünden, sondern das Angebot breiter gefächert werde. Schließlich sollten die Leistungen der Servicestelle dokumentiert werden, damit eine mögliche Wiederaufnahme der Arbeit zu einem späteren Zeitpunkt erleichtert würde.

Auch erfahrene Entwicklungsorganisationen wie die Deutsche Welthungerhilfe (DWHH) oder die Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) greifen den oft unerfahrenen Helfern aus Nordrhein-Westfalen unter die Arme und bemühen sich um eine nachhaltige Entwicklungsstrategie. Sie werden künftig noch mehr zu tun haben. Stefanie Koop von der DWHH würde sich denn auch eher einen Ausbau der Servicestelle wünschen als ihre Schließung: „Erstrebenswert wäre, wenn das Modell weitergeführt würde für neue Partnerschaften, zum Beispiel auch mit afrikanischen oder lateinamerikanischen Städten und Regionen.“

Der Impuls für mehr Entwicklungshilfe, den es nach dem Tsunami gegeben hat, droht nun jedoch zu verpuffen. Die Abteilung für Entwicklungszusammenarbeit ist nach der Landtagswahl bei Armin Laschet (CDU) angesiedelt worden, seit Juni ist er Minister für Generationen, Familie, Frauen und Integration. Laschet, der als Europaparlamentarier lange außenpolitisch tätig war und Vorstandsmitglied der Deutschen Gesellschaft für die Vereinten Nationen ist, zeigt sich zwar gerne als Partner von Eine-Welt-Organisationen. Er wolle NRW als „UN-Bundesland stärker ins Bewusstsein der Bürger rücken“, sagte er kürzlich bei der Vorstellung des Entwicklungsberichts der Vereinten Nationen in Bonn. Doch genau dort, bei der globalen Kooperation, setzt die schwarz-gelbe Landesregierung jetzt den Sparstift an. Das Integrationsministerium verwies gestern auf Anfrage der taz an die Staatskanzlei. Dort hieß es, die Förderung sei von Anfang an befristet gewesen. Zum jetzigen Zeitpunkt könne wegen der laufenden Haushaltsberatungen keine definitive Aussage getroffen werden.

Sollte die Servicestelle Ende des Jahres wie vorgesehen schließen, müssen die Hilfswilligen sich wieder selbst um die Koordination kümmern. „Etwas Adäquates wird es nicht geben“, sagt Olivia Bee voraus. Ihre Hoffnung setzt sie auf einen Förderantrag an die Stiftung Umwelt und Entwicklung in Bonn. Die Stiftung wurde übrigens im Jahr 2001 auch von der rot-grünen Landesregierung gegründet.