Fußfesseln und Videokameras

Sicherheit Nach den jüngsten terroristischen Anschlägen in Berlin präsentiert die CSU einen Forderungskatalog für mehr „Sicherheit für unsere Freiheit“

Gott sieht alles. Und zu, wenn die CSU in Seeon tagt, wo diese Kirche steht Foto: P. Mayall/picture alliance

von Dominik Baur

MÜNCHEN taz | Die CSU überholt sich selbst. Keine 24 Stunden nach dem Anschlag auf den Berliner Weihnachtsmarkt hatte das bayerische Kabinett in einer Krisensitzung eine Gruppe eingesetzt, die einen Forderungskatalog für die Bundesregierung erarbeiten soll, wie die Sicherheitslage in Deutschland verbessert werden könne. Jetzt, wiederum kaum eine Woche später, ist es die Bundestags-CSU, die bereits mit einem solchen Papier aufwartet. Sieben Seiten lang ist der „Berliner Forderungskatalog“, Titel: „Sicherheit für unsere Freiheit“.

Das Papier will die CSU-Landesgruppe im Bundestag nächste Woche auf ihrer Winterklausur beraten. Diese Tagung, die traditionell in Wildbad Kreuth war, findet jetzt erstmalig im oberbayerischen Kloster Seeon statt.

„Dieser schlimmste islamistische Anschlag auf deutschem Boden ist ein beispielloser Angriff auf unsere offene Gesellschaft“, heißt es in dem Papier. Die Schlussfolgerungen, die die CSU-Bundestagsabgeordneten daraus ziehen wollen, reichen von einem härteren Umgang mit den sogenannten Gefährdern, zu denen auch der wahrscheinliche Attentäter von Berlin, Anis Amri, gehörte, bis hin zu einer stärkeren Video- und Datenüberwachung.

Die Forderungen sind zum Teil nicht neu und zum Teil rechtlich heikel. So will die Beschlussvorlage einen „neuen Haftgrund“ für Gefährder. „Wer unseren Staat bedroht, hat sein Gastrecht verwirkt“, lautet die Begründung. Juristisch dürfte dies schwierig sein, denn eine lediglich präventive Haft passt nicht mit dem Rechtsgrundsatz der Unschuldsvermutung zusammen. Zu den Forderungen gehören auch höhere Mindeststrafen für die Vorbereitung von Terroranschlägen und eine umfassende Überwachung verurteilter Extremisten mittels elektronischer Fußfessel. Der Ausreisegewahrsam müsse auf vier Wochen verlängert werden. Extremisten mit doppelter Staatsangehörigkeit sollen die deutsche verlieren, „wenn sie sich für den Dschihad ausbilden lassen oder im Ausland für eine Terrororganisation kämpfen“. Um schon frühzeitig gegen eine Radikalisierung von Jugendlichen aktiv werden zu können, sollen die Verfassungsschutzbehörden von Bund und Ländern nach Vorstellung der CSU schon bei Verdächtigen ab 14 Jahren aktiv werden dürfen. Weiter heißt es: „Hassprediger und die Finanzierung von Moscheen durch extremistische Organisationen leisten radikalen Strukturen Vorschub.“

Keine Ermittlungen aufgrund zufällig ge­filmter Privatvideos

Aus dem Forderungskatalog

Deshalb fordern die Abgeordneten „endlich mehr Transparenz hinsichtlich der Prediger und darüber, welche Inhalte vermittelt werden“. Die Behörden sollten außerdem schneller und konsequenter entsprechende Vereine verbieten.

Altbekannt ist die Forderung nach einer umfassenderen Überwachung. Zum einen will die CSU mehr Videokameras in Bahnhöfen, Einkaufszentren, Sportstätten. „Es darf nicht sein, dass Ermittler auf zufällig gefilmte Privatvideos bei der Aufklärung von Straftaten angewiesen sind.“ Außerdem sollen Daten aus E-Mails und Kommunikationsdienste wie WhatsApp künftig länger erfasst und länger gespeichert werden dürfen.

Eher ungewohnte Schützenhilfe erhielt die CSU bei manchen ihrer Forderungen vom Koalitionspartner SPD. So forderte der innenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Burkhard Lischka, die neue rot-rot-grüne Landesregierung in Berlin auf, die Videoüberwachung auf öffentlichen Plätzen auszuweiten. Vize-SPD-Chef Ralf Stegner zeigte sich offen für eine Abschiebehaft für sogenannte Gefährder.