Goebbels’Ghostwriter

Haus Schaumburg-Lippe Friedrich Christian war ein Vollblut-Nazi der ersten Stunde. Nach dem Krieg engagierte er sich weitestmöglich rechts

„Ich stehe und falle mit meinem deutschen Volk – das ist mein Sozialismus!“

Friedrich-Christian Prinz zu Schaumburg-Lippe

„Wo war der Adel?“ So betitelte Friedrich Christian Prinz zu Schaumburg-Lippe im Jahr 1934 ein Buch, in dem er – gemeinsam mit anderen blaublütigen Gesinnungsfreunden – den aus seiner Sicht vor 1933 mangelnden Enthusiasmus des Adels für die nationalsozialistische Bewegung anprangerte. Sich selbst nahm der Autor von dieser Kritik aus – zu Recht. Geboren als vierter Sohn des Fürsten Georg zu Schaumburg, zählte Friedrich-Christian (1906–1983) zu den Nazis der ersten Stunde.

Nach einem Jurastudium ohne Abschluss in Bonn, wo das Palais Schaumburg zum Familienbesitz zählte, trat er bereits Anfang 1929 in die NSDAP ein, wie aus einem Eintrag der Gottfried-Wilhelm-Leibniz-Bibliothek hervorgeht. Er war damit einer der ersten Parteigenossen aus dem Hochadel.

Friedrich-Christian diente der NSDAP unter anderem als Redner und Publizist. Von 1929 bis 1931 war er Mitarbeiter des Kölner Parteigauleiters Robert Ley. 1933 wurde er Adjutant und Redenschreiber von Reichspropagandaminister Joseph Goebbels, im Ministerium stieg er zum Ministerialrat auf. Gleichwohl notierte Goebbels im Februar 1937 in seinem Tagebuch über seinen engen Mitarbeiter: „Diese Prinzen sind gewohnt, nichts zu tun und zu paradieren.“ In der SA, der er 1932 beigetreten war, brachte es Schaumburg-Lippe zum Standartenführer.

Die Quellen geben nicht viel darüber her, warum und seit wann Friedrich-Christian bei den NSDAP-Oberen nicht mehr ganz so gut gelitten war und die beiden letzten Jahre als Panzergrenadier an der Front verbrachte. Von 1945 bis 1948 war er interniert, 1950 wurde er im Entnazifizierungsverfahren weitgehend entlastet – er behauptete, sich für Nazi-kritische Adlige eingesetzt zu haben.

In den Folgejahren startete der Prinz eine Karriere in diversen rechtsextremen Zirkeln und Parteien. Vom Bund der Heimatlosen und Entrechteten (BHE), für den er 1957 auch für den Bundestag kandidierte, wechselte er über die Deutsche Gemeinschaft (DG), die Aktionsgemeinschaft Unabhängiger Deutscher (AUD) und die NPD schließlich zur Freien Sozialistischen Volkspartei (FSVP), deren Vorsitz er 1968 übernahm. In den 1970er-Jahren entdeckte Schaumburg-Lippe wie seinerzeit viele Altnazis den Umweltschutz als Betätigungs- und Rekrutierungsfeld. Bis kurz vor seinem Tod wirkte er in dem völkischen Schutz- und Trutzbund „Volksblock – Naturpolitische Volksbewegung“ mit.

Neben seinen politischen Aktivitäten betätigte sich der Prinz weiter als Rechtsaußen-Publizist. Er veröffentlichte – unter anderem im rechtsextremen Verlag Druffel – knapp ein Dutzend Bücher und schrieb regelmäßig für rechtsextreme Blättchen und Infodienste. Sein Aufruf „Ich stehe und falle mit meinem deutschen Volk – das ist mein Sozialismus!“ steht bis heute in Neonazi-Kreisen hoch im Kurs.

Die Familie hat sich bislang nicht öffentlich zu den Umtrieben von Friedrich-Christian geäußert. Ihr gegenwärtiges Oberhaupt ist der Unternehmer und Großgrundbesitzer Alexander zu Schaumburg Lippe. Der 57-jährige ist Mitglied der FDP. Die stellvertretende AfD-Vorsitzende Beatrix von Storch ist seine Cousine.Reimar Paul