Die Erotik-Serie „Lingerie“ bleibt brav über der Gürtellinie
: Nummernrevue in der Horizontalen

Die Couchreporter Heute: Jenni Zylka

Auf dem Erotikkabelsender Lust Pur läuft gerade die erste horizontale Serie, Verzeihung, aber der Witz drängte sich auf. „Lingerie“ ist eine kanadische Produktion von 2009 in zwei Staffeln, beide, ich sag’s gern noch mal, größtenteils in der Horizontalen erzählt, kicher. Interessant ist, dass die MacherInnen von Erotik-Content sich dem modernen Storytelling damit stärker versuchen anzunähern als so manche Entscheider der Öffentlich-Rechtlichen.

In „Lingerie“ geht es um Lacey Summers (sic!), ein Model, das sich jüngst als Unterwäschedesignerin selbstständig gemacht hat und in einem New Yorker Loft, das Schauplatz von 90 Prozent der Serie ist, neue Stücke designt und Dessous-Shootings veranstaltet. Hinzu bittet sie meistens ihren Freund Jason als Fotografen, der viele Muskeln braucht, um die schweren Kameras zu halten, zudem ist ihr kleiner Bruder Cody regelmäßig zu Gast, um mit ebensolchen Muskeln Heizungen oder Lampen zu reparieren, oder mit einem der Models durchs Bett zu turnen. Über die Staffel entwickeln sich noch die Geschichten um Laceys neue Mitbewohnerin Vanessa, die bisexuell ist, womit auch die Zwei-Frauen-Nummern gesichert sind, um Codys Mitbewohner Russ, der eigentlich nur die wahre Liebe finden will, und um Laceys notorische Geldsorgen. Sogar eine nicht weiter handlungsrelevante schwule Figur (ungewöhnlich für Hetero-Erotik!) ist Teil der Clique.

Aber so richtig viel Horizontales außer dem Offensichtlichen ist den ErfinderInnen nach ein paar Folgen dann leider doch nicht mehr eingefallen, und so läuft die Serie schnell auf eine einfache Nummernrevue mit jeder Menge konsensuellem, sauber oberhalb der Gürtellinie gefilmtem Sex zwischen Menschen mit optimierten Formen hinaus. Wogegen ja überhaupt nichts einzuwenden ist, wenn man auf normative Erotik steht (zur Unterscheidung die Definition von Pornografie: Sie stellt „sonstige menschliche Bezüge hinten an, um sexuelle Vorgänge in grob aufdringlicher, anreißerischer Weise in den Vordergrund zu rücken und ausschließlich oder überwiegend auf die Erregung sexueller Reize abzuzielen“. Und das ist bei Lacey und ihren abenteurlustigen FreundInnen ja nun nicht so, bei all diesen Problemen!).

Was eigentlich schade ist. Weil „Lingerie“ laut Gesetz eben kein Porno sein darf (Pornos dürfen in Deutschland weder in frei empfangbaren noch in Kabelsendern ausgestrahlt werden), sondern eines der Erotiknebenprodukte der Pornoindustrie ist, und weil außerdem keine SchauspielerInnen, sondern DarstellerInnen mitmachen, und das Niveau der Serie aus diesen und weiteren Produktionsgründen (Drehbuch, Regie) äußerst begrenzt ist, findet man keinen richtigen Grund, sie zu gucken. Außer vielleicht, man möchte sich darüber informieren, ab wann Silikonbrüste überhaupt nicht mehr zum Körper passen. Und dieser Zustand wird sich nicht ändern, solange Sex als fiktionaler Kontent produktionstechnisch (zumindest beim konventionellen Porno) nicht professionell angegangen wird.

Aber: Vielleicht muss das auch nicht sein. Es gibt eh zu viele smarte Serien, eventuell wäre es überfordernd, wenn „Smart Porn“-Serien dazukämen. Bei denen man nicht mal richtig bingen kann, weil man nach einer Folge schon müde ist.