Gegen den Männermangel

GENDER An 16 Bremer Grundschulen unterrichtet keine männliche Lehrkraft: Grund ist ein Image-Problem, vermuten Erziehungswissenschaftler von der Uni – ein Kooperationsprojekt soll helfen

Nur 12,7 Prozent der Lehrkräfte an Bremer Grundschulen sind männlich

An den Bremer Grundschulen arbeiten lediglich 12,7 Prozent männliche Lehrkräfte. An 16 der 74 stadtbremischen Grundschulen unterrichtet kein einziger Lehrer. Doch seit 2009 gibt es ein Kooperationsprojekt des Bildungsressorts mit der Uni und dem Landesinstitut für Schulen, das für Ausgleich sorgen soll.

„Eine zentrale Ursache liegt in der öffentlichen Wahrnehmung des Grundschullehramtes“, sagt Projektleiter Christoph Fantini, Erziehungswissenschaftler an der Uni Bremen. Diesem Imageproblem versucht man unter anderem mit Schulabgänger-Kampagnen zu begegnen: Ausschließlich Grundschullehrer beziehungsweise männliche Studierende stellen sich als Ansprechpartner für AbiturientInnen zur Verfügung. Fantini zu Folge hat das bereits zu „verstärkter Aufmerksamkeit männlicher Interessenten“ geführt.

Die Zahlen belegen eine leichte Steigerung: Derzeit liegt der Männeranteil unter den Erstsemestern, die in Bremen Grundschullehramt studieren, bei 17,2 Prozent. Allerdings: „Die Abbrecherquote unter den Männern ist höher als bei den Studentinnen“, gibt Fantini zu bedenken.

Als Konsequenz hat der akademische Senat nun das Zugangsverfahren für das Grundschul-Studium geändert: Die pädagogische Eignung wurde im Vergleich zur Abinote aufgewertet – was insbesondere männlichen Bewerbern zu Gute kommen soll.

Da ein besserer Geschlechterausgleich mindestens mittelfristiger Bemühungen bedarf, haben die Projektbeteiligten eine kurzfristige Soforthilfe für lehrerlose Grundschulen organisiert: Unter dem Titel „Rent a teacherman“ werden einzelne Lehramtsstudenten in den Unterricht eingebunden. Das werde, trotz der Punktualität der Maßnahme, von den Grundschulen sehr positiv bewertet, sagt Fantini. In weiteren Versuchsreihen sollen daher auch schon ältere Schüler in Grundschul-Projekte und Arbeitsgemeinschaften wie Computer-AGs und Sportangebote einbezogen werden.

Die Wichtigkeit solcher maskulinen Implementierungen ergibt sich für Fantini auch aus dem Umstand, dass immer mehr Kinder bei alleinerziehenden Müttern aufwachsen – in Bremen gibt es derzeit rund 15.000 reine „Mütter-Familien“. „Es fehlt eine spürbare männliche Präsenz“, sagt Fantini. Es sei „ein fatales Signal“, wenn Männer keine oder wenig erzieherische Verantwortung übernähmen. Für die kindliche Entwicklung, sowohl von Jungen wie auch von Mädchen, sei es negativ, wenn Empathie und soziale Kompetenz als „nicht zum Repertoire von Männern gehörig“ erlebt würden.

Bis 2013 haben Fantini und seine MitstreiterInnen Zeit, dem etwas entgegen zu setzen – dann ist die vierjährige Projektfrist abgelaufen.  Henning Bleyl