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MUSIK

MusikTim Caspar Boehmehört auf den Sound der Stadt

Hört eigentlich überhaupt noch jemand Musik? Also hören nicht im Sinne von „irgendwie wahrnehmen“, sondern von „bewusst zuhören“? Unterstellen wir mal, dass ja. Andererseits erhält Musik mittlerweile oft, meist unfreiwillig, den Status von akustischer Umweltverschmutzung, einer weiteren Geräuschquelle im großen Hörmüll-Kreislauf, bei der es egal ist, ob man darauf achtet oder nicht. Ob der Schlagzeuger Burkhard Beins diese oder ähnliche Überlegungen angestellt hat, als er sein jüngstes Projekt Junk Orbit nannte, kann nur gemutmaßt werden. Jedenfalls passt der Name bestens in den Zusammenhang. Wobei man von Beins und seinen Mitstreitern, der vietnamesischen Pianistin Lan Cao, dem Gitarristen Nicola Hein und dem Saxofonisten Gregor Siedl, selbst kaum musikalische Abfälle erwarten darf. Eher scheinen sie wild entschlossen, kulturelle Trümmer abzuwehren, mit ihren Mitteln der – durchaus schon mal schroffen – Klangforschung. Am Donnerstag beginnt ihr Einsatz im WestGermany, als Kämpfer im Geiste betätigt sich dabei zusätzlich das australische Trio Sensaround mit Elektronik und Saxofon (Skalitzer Str. 133,21 Uhr).

Ansonsten lädt das ausland am selben Abend zur jüngsten Ausgabe der Reihe „Biegungen“. Diesmal treffen die beiden in Berlin lebenden Komponisten Makiko Nishikaze und Peter Ablinger für ihre erste gemeinsame Performance zusammen. „Westwind“, so der Titel, leitet sich dabei vom Nachnamen Nishikazes her. Von ihr stammen auch die windbasierten improvisierten Klänge, Ablinger übernimmt, eine weitere Premiere, die visuelle Begleitung durch Videos (Lychener Str. 60, 21 Uhr).

Am Freitag bietet sich dann eine der bisher seltenen Gelegenheiten, die noch junge Band ASS auf der Bühne zu erleben. Das Trio aus drei Generationen von Gitarristen – Krautrocker Günter Schickert, Einstürzende Neubauten-Veteran Jochen Arbeit und Elektronik-Freifrickler Schneider TM – mischt Schickerts Echodrive-Loops, ungezähmte Drones und artgerechte Verzerrer zu einem mit großzügigen Bassbeigaben geerdeten Rundum-sorglos-Paket für Abenteuerlustige (Mehringdamm 34, 23.30 Uhr, 12/6 €).

Und da sage noch wer, das mit den Plattenlabels habe sich erledigt. Den Geschwindigkeitsrekord-Pianisten und Continuous-Music-Erfinder Lubomyr Melnyk etwa bekam man in dieser Stadt bisher bloß auf kleineren Bühnen zu sehen. Jetzt hat ihn nach verschiedenen Kleinstlabels auf einmal Sony unter Vertrag, und schon spielt er im Admiralspalast. Nun gut, das Konzert am Dienstag ist zwar im Studio und nicht im großen Saal, eine erfreuliche Entwicklung ist das dennoch (Friedrichstr. 101, 20 Uhr, 26,40–33,30 €).

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