Laxes Verhältnis zur Wahrheit

SPORTPOLITIK Der DOSB-Chef Alfons Hörmann gerät durch seinen Führungsstil immer mehr ins Abseits

Die geplante Reform der Spitzensportförderung soll das große Thema am Samstag in Magdeburg sein. Ein immenser Klärungsbedarf wurde im Vorfeld der Mitgliederversammlung des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) ausgemacht. Aber der DOSB-Präsident Alfons Hörmann wird in eigener Sache noch einige andere Dinge erklären müssen.

Thomas Weikert, Präsident des Tischtennis-Weltverbandes ITTF, jedenfalls hat Hörmann schriftlich zu einer Entschuldigung aufgefordert. Es geht dabei um die Besetzung des Vorstandsamts im Trägerverein der DOSB-Trainerakademie, die im Zuge der Spitzensportreform vorgenommen werden soll. Nach Darstellung von Weikert hatte Hörmann ihn ohne vorherige persönliche Absprache öffentlich zum Verzicht seines Vorstandsamtes in der Trainerakademie aufgefordert. Hörmann bestreitet dies und wirft Weikert wiederum eine Medienkampagne zum Schaden von „Sportdeutschland“ vor.

Dieser verlangt nun von Hörmann, den Vorwurf zurückzunehmen und sich für sein „Verhalten insgesamt zu entschuldigen“. Hörmann steht zusätzlich unter Druck, weil die Vertreter der Spitzensportverbände sich auf die Seite von Weikert geschlagen haben. Deren Sprechergruppe distanzierte sich von Hörmann und bezeichnete dessen Vorgehen als „befremdlich“, „diskriminierend“ und „unpassend“. Kurioserweise hatte Hörmann zuvor behauptet, die Spitzenverbände hätten sich im Fall „Weikert“ nicht positioniert.

Die DOSB-Führung unter Hörmann möchte Dirk Schimmelpfennig, der im Vorstand des DOSB für Spitzensport zuständig ist, zum Nachfolger von Weikert küren. Bei der Personalie geht es wohl vor allem darum, dass die Ausbildung der Trainer unter DOSB-Regie künftig professionalisiert werden soll. Weikert allerdings ist nicht nur wegen der recht brüsken Vorgehensweise von Hörmann pikiert. Er hält es zudem nicht für statutenkonform, dass der DOSB sich das Recht herausnimmt, den Posten des Vorstandsvorsitzenden der Trainerakademie zu besetzen.

Auch in einer anderen Angelegenheit hat sich Hörmann verdächtig gemacht, ein etwas zu laxes Verhältnis zur Wahrheit zu pflegen. Vergangene Woche auf der Bundespressekonferenz in Berlin sprach er von einem Manifest, das eine 95-prozentige Zustimmung deutscher Leistungssportler zur geplanten Reform belege. In den vergangenen Tagen hat dies viele verwundert. Mittlerweile musste man auch beim DOSB einräumen, eine Befragung mit konkretem Bezug auf die Spitzensportreform habe es nie gegeben.

In Magdeburg wird es gewiss viele Fragen zu Hörmanns Führungsstil geben. Möglicherweise steht er am Samstag mehr in der Kritik als die geplante Reform. Johannes Kopp