Verfassungsfeindliche „Reichsbürger“: Nur teilweise unter Beobachtung
Eine vollständige Überwachung der Bewegung bleibt aus. Die Verfassungsschützer der einzelnen Bundesländer schätzen die „Reichsbürger“ höchst unterschiedlich ein.
Der Verfassungsschutz in Sachsen-Anhalt habe ab sofort alle Anhänger im Visier, teilte das Innenministerium in Magdeburg mit.
Auch in Hamburg wurden die Anhänger der Bewegung laut Verfassungsschutz sämtlich als verfassungsfeindlich identifiziert. In Brandenburg werde derzeit überlegt, ob die gesamte Szene unter Beobachtung gestellt werden sollte, so das Innenministerium.
In Rheinland-Pfalz werden die rund 100 „Reichsbürger“ derzeit nicht nachrichtendienstlich verfolgt. Der Verfassungsschutz habe diese Menschen aber „im Blick“ und werte öffentlich zugängliche Quellen aus, teilte das Innenministerium in Mainz mit.
Auch in Sachsen sind die Reichsbürger bislang insgesamt kein Objekt des Verfassungsschutzes. Beobachtet werden nur diejenigen, die sich auch in der rechtsextremen Szene aktiv sind. In Baden-Württemberg prüfe man derzeit noch, ob die Bewegung „zum nachrichtendienstlichen Beobachtungsobjekt erhoben werden kann“, hieß es.
Rund 500 „Reichsbürger“ in Thüringen
Der Verfassungsschutz in Bayern ordnet 30 bis 40 sogenannte Reichsbürger der rechtsextremen Szene zu. In den vergangenen Monaten sei die Beobachtung intensiviert worden, sagte Verfassungsschutzpräsident Burkhard Körner, nachdem im Oktober ein „Reichsbürger“ einen Polizisten erschossen hatte. „Wir werden auf diesem Weg nun mit noch größerem Nachdruck vorangehen.“
Auch der Thüringer Verfassungsschutz will künftig mehr Anhänger der Bewegung ins Visier nehmen. „Angesichts der jüngsten Ereignisse erscheint es geboten, den Beobachtungskreis weiter zu fassen“, erklärte eine Sprecherin kürzlich. Bislang habe der Verfassungsschutz nur dann ein Auge auf Gruppierungen, wenn es antisemitische Züge oder Verquickungen mit der rechtsextremen Szene gebe. Insgesamt ließen sich der Bewegung in Thüringen bis zu 500 Anhänger zuordnen.
Auch in Nordrhein-Westfalen werden zurzeit 300 „Reichsbürger“ überprüft. In Bremen habe des Verfassungsschutz die Bewegung bereits seit 2014 im Fokus. Verfassungsschutzchef Dierk Schittkowski geht von „mehr als zwei Handvoll“ Mitglieder aus.
Die Reichsbürger wurden bisher als zersplitterte und heterogene Bewegung angesehen, ihre Überwachung deshalb den Ländern überlassen.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Gedenken an Hanau-Anschlag
SPD, CDU und FDP schikanieren Terror-Betroffene
Nach Hitlergruß von Trump-Berater Bannon
Rechtspopulist Bardella sagt Rede ab
Trump, Putin und Europa
Dies ist unser Krieg
Klimaneutral bis 2045?
Grünes Wachstum ist wie Abnehmenwollen durch mehr Essen
CDU-Chef Friedrich Merz
Friedrich der Mittelgroße
Streit um tote Geiseln in Israel
Alle haben versagt