Spandauer Verhältnisse

Bezirke III In Spandau gibt es dank FDP doch einen SPD-Bürgermeister. Auch die CDU will neue Wege gehen – in Sachen AfD

In Spandau laufen die Dinge bekanntlich etwas anders als im Rest von Berlin, insofern passt es, dass dort einer fast schon totgesagten Partei eine Schlüsselrolle zukommt: Dass der SPD-Mann Helmut Kleebank an diesem Donnerstag aller Voraussicht nach zum Bürgermeister gewählt werden wird, hat er der FDP zu verdanken. Denn nur weil deren drei Verordnete angekündigt haben, für den Sozialdemokraten zu stimmen, kann dieser eine Mehrheit auf sich vereinen – die Stimmen von SPD, Grünen und Linken allein hätten dafür nicht gereicht.

Damit sind auch die Spekulationen beendet, die mit der Wahl im September ausgebrochen waren: Was würde passieren, wenn es der SPD nicht gelingt, ganze drei andere Fraktionen zu überzeugen? Könnte das Vorschlagsrecht an die zweitstärkste Fraktion, die CDU, gehen? Und würde diese ihren Kandidaten dann mit Stimmen der AfD ins Amt hieven?

In diese Diskussion hatte sich auch der Vorsitzende der SPD im Abgeordnetenhaus, Raed Saleh, eingemischt, der in Spandau seinen Wahlkreis hat. Er warf der lokalen CDU vor, bei der Bürgermeisterwahl gemeinsame Sache mit den Rechtspopulisten zu machen. Thorsten Schatz, Sprecher der Spandauer CDU-Fraktion, weist diese Vorwürfe zurück: „Abgesehen davon, dass dieses Szenario für uns immer hypothetisch war, haben wir eine Zählgemeinschaft mit der AfD stets ausgeschlossen und tun das auch weiterhin“, sagt er.

Gleichzeitig betont Schatz, seine Fraktion stelle sich explizit nicht gegen eine punktuelle Zusammenarbeit mit der AfD: „Unabhängig von der AfD haben wir schon im April entschieden, uns künftig nicht mehr am Parteibuch einer Idee, sondern an der Idee selbst zu orientieren.“ Sprich: Kommt von der AfD ein Vorschlag, den die CDU inhaltlich für richtig hält, werde sie diesen ungeachtet der Fraktionszugehörigkeit unterstützen, erklärt Schatz. „Gerade auf Bezirksebene brauchen wir eine sachorientierte Politik, die sich nicht in ideologischen Grabenkämpfen verliert“, sagt er.

Was er als „Spandauer Weg“ beschreibt, liegt durchaus auf Linie der Landes-CDU: Florian Graf, Fraktionschef im Abgeordnetenhaus, erklärte kürzlich im taz-Interview, er empfehle mit Blick auf die AfD, „dass sich das Parlament stärker mit den Inhalten der Anträge auseinandersetzt als mit den Antragstellern“. So werde klargestellt, dass die AfD nicht ausgegrenzt werde, sondern „allenfalls ihrer Inhaltslosigkeit überführt“.

Unter Rechtspopulismus-Experten ist diese Strategie umstritten: Einerseits sei es richtig, der AfD nicht mit Geschäftsordnungstricks und Mauscheleien begegnen zu wollen, empfiehlt etwa die Mobile Beratung gegen Rechtsextremismus. Andererseits liege gerade auf Bezirks­ebene auch eine Gefahr darin, die Partei wie jede andere zu behandeln und so zur weiteren Etablierung und Normalisierung auch ihrer diskriminierenden und menschenfeindlichen politischen Positionen beizutragen.

In Spandau ist die AfD nach SPD und CDU drittstärkste Fraktion in der BVV. Am Donnerstag will sie auch ihren Stadtratskandidaten Andreas Otti wählen lassen. Otti war früher Mitglied der CSU, jetzt steht er für den Flügel der Berliner AfD, der explizit WählerInnen aus der politischen Mitte ansprechen will. Ab und an einen Blick auf die politische Gemengelage in Spandau zu werfen, dürfte sich also weiterhin lohnen. Malene Gürgen