Immer mehr Palmöl im Diesel

KONSUM Verbraucher können Palmöl in Margarine oder Kosmetik vermeiden. Nicht aber beim Tanken

Handarbeit: Ernte der Ölfrüchte in Indonesien Foto: Hotti Simanjuntak/dpa

BERLIN taz | Autos, LKWs und Lokomotiven, die mit Diesel-Kraftstoff betrieben werden, verbrannten im vergangenen Jahr fast die Hälfte des EU-weit benötigten Palmöls. Das geht aus einer Studie der Umweltorganisation Transport & Environment (T&E) hervor, die jetzt veröffentlicht wurde. Damit verbrauchte der Verkehrssektor erstmals mehr Palmöl als die Lebensmittel-, Tierfutter- und Kosmetikindustrie. Die Nutzung von Palmöl ist hoch umstritten, da für die Palmöl-Plantagen tropische Regenwälder gerodet werden.

Im vergangenen Jahr stieg laut Studie der Umweltorganisation die Verwendung von Palmöl in europäischem Biodiesel noch einmal um 3 Prozent auf insgesamt 3,35 Millionen Tonnen an. Ein Grund dafür dürfte sein, dass Palmöl 17 Prozent billiger als andere Pflanzenöle war. Biodiesel, der dem normalen Diesel beigemischt werden kann, lässt sich auch aus Raps oder Soja herstellen. Der Anteil von Palmöl in Biodiesel beträgt mittlerweile 32 Prozent, der Anteil am Diesel insgesamt liegt schon bei 2 Prozent.

Laut Studie ist Palmöl auch deshalb besonders klimaschädlich, da der Verlust der Wälder in die Klimabilanz mit einberechnet werden muss. Biodiesel aus Palmöl ist demnach sogar dreimal klimaschädlicher als herkömmlicher Diesel, Biodiesel aus Soja zweimal und Biodiesel aus Raps 1,2-mal. Im Durchschnitt beeinflusst die Verwendung von Biodiesel das Klima fast doppelt so negativ wie das Tanken von Diesel auf Mineralölbasis.

Jori Sihvonen, Biosprit-Experte von T&E, mahnt die EU-Kommission zum Umdenken bei ihrer künftigen Kraftstoffpolitik. Verbraucher könnten sich zwar bemühen, den Konsum von Palmöl in Nahrungsmitteln oder in Kosmetika zu vermeiden. Aber die Kraftstoff-Strategie der Europäischen Union zwinge sie, Palmöl in ihren Fahrzeugen zu verfeuern. Wenn die Welt so viel Palmöl-Biodiesel konsumieren würde wie Europa, gäbe es keine tropischen Regenwälder mehr. „Wir müssen diesen Biodiesel-Wahnsinn stoppen.“

Um die Regenwälder sorgt sich auch die Biokraftstoffindustrie. „Unsere Nachhaltigkeitszertifizierung besagt: Wenn Biodiesel aus Palmöl hergestellt wird, darf für den Anbau kein Regenwald gerodet werden“, sagte Elmar Baumann, Geschäftsführer des Verbandes der Deutschen Biokraftstoffindustrie (VDB), der taz. Entsprechende gesetzliche Nachhaltigkeitsanforderungen würden weder für die Nahrungsmittel- noch für die chemische Industrie gelten.

Zwischen den Pflanzen­ölen gibt es große Preisunterschiede

Baumann fügt hinzu: „Wenn allerdings in Indonesien weiter Regenwald für andere Nutzungen gerodet wird, muss die EU-Kommission letztlich verbieten, dass Biokraftstoffe aus Palmöl auf die europäischen Klimaziele angerechnet werden dürfen. Das sehen wir genauso wie T&E.“ Es wäre jedoch ein Stück aus dem Tollhaus, „Biodiesel aus nachhaltig erzeugtem europäischem Raps zu verbieten, weil in Indonesien Waldschutzgesetze nicht eingehalten werden.“

Richard Rother