Eine feste Burg

Schach-WM Auch nach der vierten Partie ist Magnus Carlsen ratlos, weshalb er seine Vorteile gegen Sergei Karjakin nicht nutzen kann. Er muss sich mit dem vierten Remis begnügen

Wieder war Sergei Karjakin in die Defensive gedrängt und wieder reichte es für ein Remis. Bei der Schach-WM konnte Magnus Carlsen erneut von einer günstigen Ausgangslage gegen den Herausforderer nicht profitieren. Auch die vierte von zwölf Partien endete ohne Sieger. Durch das 2:2 erhöhen sich die Chancen Karjakins weiter in dem mit einer Million Euro dotierten Wettkampf, der am Donnerstag (20 Uhr MEZ) in New York fortgesetzt wird.

„Ich fühle mich nicht toll. Allerdings ist es auch kein Desaster, weil das Match weiterhin ausgeglichen steht“, betonte Carlsen. Zuvor hatte der Norweger den Russen 94 Züge lang unter Druck gesetzt. Ein Bauer mehr und das oft perfekt harmonierende Läuferpaar gegen Läufer und Springer schienen den sicheren Sieg für Schwarz zu bedeuten. „Ich dachte, dass das Endspiel einfach gewonnen ist – allerdings spielte ich schlampig und ließ eine Festung zu“, ärgerte sich der Weltmeister nach sechs Stunden und 25 Minuten Spielzeit.

Carlsen tröstete sich im nächsten Atemzug damit, dass er immerhin psychologisch im Vorteil sei, „weil ich Chancen auf den Sieg habe“. Sein Kontrahent wollte mit einem Läuferopfer auftrumpfen – doch der Titelverteidiger war auf der Hut, konterte trocken mit einem ruhigen Damenzug und hatte die Stellung danach richtig eingeschätzt. Nur an einem haperte es in der Offensive: „Ich muss natürlich auch mal eine gute Stellung verwerten.“

Das war dem 25-Jährigen in der dritten Partie ähnlich misslungen. Carlsen befand sich auf dem schmalen Grat zum Gewinn – fand aber nicht immer die besten Züge. So half es auch wenig, dass der mehrfache russische Meister Peter Swidler als Kommentator das Spiel als „sagenhaft“ adelte. Carlsen war auch da nach fast sieben Stunden ratlos und „enttäuscht. Ich wusste irgendwann nicht mehr weiter.“ Ihn tröstete der Dialog mit Karjakin nur wenig: „Hast du einen Gewinn für mich gesehen?“, fragte Carlsen. Der Russe antwortete: „Nein, aber es war nah dran.“

Swidler lobte Karjakin für seine zähe Verteidigung, die Carlsen auch als stärkste Waffe des Weltranglistenneunten sieht: „Gegen jeden anderen würde ich sagen, Carlsen kann man in der fünften und sechsten Stunde kaum widerstehen, aber auch Sergei ist in langen Partien sehr stark“, befand Swid­ler. Der aserbaidschanische Weltklassegroßmeister Tei­mour Radjabow unkte dagegen via Twitter: „Carlsen ist momentan weit, weit, weit, weit von seiner Bestform entfernt.“

Hartmut Metz