Proteste gegen Bahnstrecke

VERKEHR Eine neue Zugverbindung soll die Reisezeit zwischen Lyon und Turin fast halbieren. Doch Umweltschützer befürchten, dass durch die Bohrungen Schadstoffe ins Grundwasser gespült werden

Bei den Bohrungen würden gefährliche Mengen von Uran und Asbest freigelegt

PARIS taz | Bei ihrem Gipfeltreffen in Lyon haben der französische Staatspräsident François Hollande und der italienische Regierungschef Mario Monti das Startsignal für den Bau der Hochgeschwindigkeitsbahnlinie (TGV) Lyon–Turin gegeben. Baubeginn ist für Ende 2013 geplant.

Die nun unterzeichnete Vereinbarung betrifft einen 57 Kilometer langen Tunnel zwischen Saint-Jean-de-Maurienne und Susa. Doch der Bau der neuen Verbindung stößt auf großen Widerstand von Umweltschützern. Zwar könnten durch die Umlagerung von hunderttausenden Lastwagen von der Straße auf die Schiene schätzungsweise 3 Millionen Tonnen CO2-Ausstoß pro Jahr vermieden werden. Zugleich aber würden bei den Bohrungen durch den Berg gefährliche Mengen von Uran und Asbest freigelegt und bisher unangetastete Grundwasserreserven verschmutzt. Die Gegner stellen zudem den wirtschaftlichen Nutzen infrage und fordern, bereits bestehende Infrastruktur wie den Mont-Cenis-Tunnel besser auszulasten.

Wie die Kosten von 8,5 Milliarden Euro allein für das Tunnel-Teilstück zwischen Italien, Frankreich und der EU aufgeschlüsselt werden, blieb bei der Unterzeichnung unklar. Die Gesamtkosten für die Bahnstrecke für den Güter- und Personenverkehr, welche die Fahrzeit zwischen Lyon und Mailand ab 2025 von 7 auf 4 Stunden verkürzen soll, belaufen sich auf rund 26 Milliarden Euro.

Auch vom französischen Rechnungshof bekamen die Gegner indirekt Schützenhilfe. Der gab zu bedenken, dass der Kostenvoranschlag zwischen 2002 und 2012 von 12 auf 26,1 Milliarden Euro angestiegen und die „sozioökonomische Rentabilität schwach“ sei. Das wäre erst recht der Fall, wenn der Gütertransport nicht so stark zunehmen sollte wie angenommen. Laut dem Bürgermeister des savoyischen La Motte-Servolex, Luc Berthoud, ging die Bedarfsanalyse von einem Frachtgutvolumen von 40 Millionen Tonnen aus, während der Rechnungshof es auf 14 Millionen Tonnen schätzt.RUDOLF BALMER

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