Aus der Bahn geworfen

Diskriminierung Jungen Flüchtlingen wird laut Betreuerin Besuch von Kartbahn verweigert

Muriel Zenk betreut unbegleitete minderjährige Flüchtlinge bei einem Träger für betreutes Wohnen in Kreuzberg. Mit fünf von ihnen, Jugendliche zwischen 15 und 17 Jahren, wollte sie in den Herbstferien einen Ausflug machen: Kartfahren in Neukölln. „Seit Wochen hatten sich die Jungs da drauf gefreut“, sagt sie. Doch daraus wurde nichts.

Gleich nach der Ankunft seien sie von einem Mitarbeiter der Bahn zuallererst gefragt worden, ob die Jugendlichen denn Deutsch verstünden. „Obwohl ich das bejaht habe, ging es gleich weiter: Mit Flüchtlingen habe man hier schlechte Erfahrungen gemacht“, berichtet Zenk. Mit den Jugendlichen selbst habe der Mitarbeiter nicht gesprochen, dafür aber geschimpft, dass Flüchtlinge Autos kaputtgefahren hätten.

„Ich habe versucht, ihn zu überzeugen, dass man solche Erfahrungen nicht auf alle Flüchtlinge verallgemeinern kann“, sagt Zenk. Darauf habe sich der Mann nicht einlassen wollen. Schließlich habe sie aufgegeben: „Ich habe zu den Jungs gesagt: ‚Kommt, wir gehen.‘“

Bei der Kartbahn leugnet man den Vorfall: „Das hat es nicht gegeben“, sagt ein Mitarbeiter am Telefon. Er sei selbst türkischstämmig und kümmere sich immer besonders um „die Ausländer“. Niemand seiner Kollegen könne zu dem Vorfall etwas sagen. Wie es zu den Vorwürfen komme, könne er sich nicht erklären.

Zenk bleibt indes dabei – und will sich Hilfe beim Antidiskriminierungsnetzwerk des Türkischen Bund Berlin (TBB) holen. „Nachdem ich unser Erlebnis bei Facebook öffentlich gemacht habe, habe ich noch von mehreren ähnlichen Erfahrungen mit dieser Kartbahn gehört“, sagt sie. Nun überlegt sie, Anzeige zu erstatten. So oder so will sie gegen den Betreiber aktiv werden: „Die Jungs, mit denen ich da war, wollen da unbedingt was machen. Sie haben solche Erfahrungen schon öfter gemacht.“

Beim Antidiskriminierungsnetzwerk des TBB hält man die Vorwürfe für plausibel: „Ähnliche Vorfälle sind uns bekannt“, sagt Projektleiterin Céline Barry. „Wir wissen, dass es viele Fälle von Diskriminierung von geflüchteten Menschen gibt, und zwar in allen Lebensbereichen.“ Der geschilderte Fall wäre eine mittelbare Diskriminierung. Ob juristische Konsequenzen daraus folgen, müsste ein Rechtsanwalt prüfen. Barry bietet an: „Falls erwünscht, steht unsere Beratungsstelle bei einer Intervention begleitend zur Seite.“

Ein guter Ausflug wurde es für die Gruppe am Ende doch noch: Statt Kartfahren waren sie Schlittschuhlaufen im Eisstadion Neukölln – da seien alle „superfreundlich“ gewesen, sagt Zenk. Malene Gürgen