Die Spitzelbehörde

Überwachung Hacken, spähen, spionieren: Innenminister Thomas de Maizière will eine neue Trojanerbehörde gründen. Ohne Gesetz, nur per Erlass. Die Opposition ist empört

Neues Arbeitsumfeld für Beamte: Hacken auf Besoldungsstelle Foto: Nicola Schaller/dieKLEINERT.de

Aus Berlin Martin Kaul

Mehr Schlagkraft, mehr Wissen, mehr Tiefgründigkeit: Mit 400 frischen Stellen in einer neuen Trojanerbehörde will die Bundesregierung ihren Werkzeugkasten zur digitalen Überwachung komplettieren. Nachdem der Haushaltsausschuss im Bundestag grünes Licht gegeben hat, könnte schon bald eine neue Stelle entstehen, die vor allem eines ermöglichen soll: Trojaner entwickeln, Verschlüsselung knacken, Handys besser überwachen. Das Besondere am Vorgehen: Die Stelle soll nicht per Gesetz errichtet werden, sondern mit einer schlichten Ministeranordnung.

Zitis – die „Zentrale Stelle für Informationstechnik im Sicherheitsbereich“ – soll nach Vorstellung des Bundesinnenministeriums eingerichtet werden, sobald der Bundestag förmlich den neuen Bundeshaushalt für 2017 beschlossen hat. Darin sind 14 Millionen Euro für die Stelle vorgesehen, die zunächst mit 120 Mitarbeitern starten, im Endausbau aber 400 Stellen umfassen soll. Dass der Bundestag dem Haushaltsentwurf Ende November zustimmt, gilt als Formsache.

Die Behörde soll dann Programme, Techniken und Strategien für Nachrichtendienste und Polizeien entwickeln, um verschlüsselte Kommunikation besser umgehen zu können, etwa, weil zahlreiche Messenger-Dienste auf Handys, wie etwa WhatsApp, inzwischen den Nachrichtenaustausch verschlüsseln und so für Ermittler schwerer zugänglich sind.

Um dies zu umgehen, sollen vor allem effektivere Trojaner entwickelt werden. Damit können Behörden etwa Kommunikationsinhalte ausleiten, noch ehe diese verschlüsselt werden. Diese Kompetenzen soll Zitis an sämtliche deutschen Polizei- und Nachrichtendienste auf Bundes- und Landesebene weitergeben, mit Ausnahme des Bundesnachrichtendienstes.

Oppositionspolitiker wie der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag, Konstantin von Notz, oder die Innenpolitikerin Martina Renner von der Linksfraktion kritisieren das Vorgehen: „In der neuen Stelle werden die Grenzen zwischen polizeilicher und nachrichtendienstlicher Arbeit aufgehoben. Damit wird gegen das Trennungsgebot verstoßen“, sagt Renner. Umstritten ist auch, wie die Behörde geschaffen werden soll.

Die Bundesregierung will ein Errichtungsgesetz unbedingt vermeiden

Das Bundesinnenministerium will ein eigenes Errichtungsgesetz, in dem Befugnisse und Grenzen klar geregelt sind, unbedingt vermeiden. Das ist insofern interessant, als dass bereits wesentlich defensivere Behörden wie das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) mit Sitz in Bonn auf eigenen Gesetzen fußen.

Im Szenario der Bundesregierung ist Zitis allerdings nur ein Puzzlestück in einem großen Bilde: Insgesamt plant die Bundesregierung neben bereits zuvor beschlossenen Investitionen ab 2017 weitere 4.300 neue Stellen für deutsche Sicherheitsbehörden sowie rund 876 Millionen Euro an Personal- und Sachmitteln bis zum Jahr 2020 ein. Das Bundesamt für Verfassungsschutz und der Bundesnachrichtendienst bekommen dabei besonders viel Geld ab.

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