SPORTPLATZ
: Romantisches Provinzniveau

FRAUENFUSSBALL Verdient gewinnt der SV Werder Bremen mit 5:2 gegen Union Berlin

Kalt war es. Aber immerhin sonnig. Das Spiel des ersten Frauen­teams von Union Berlin gegen die Tabellenführerin der 2. Bundesliga, SV Werder Bremen, wollten am Samstag vielleicht sechzig wackere Kälteresistente sehen – an der fußballromantischen Sportanlage in Adlershof. Den 28 Spielerinnen (22 plus eingewechselte) sowie den Schiedsrichterinnen schien der Wintereinbruch aber nichts auszumachen – das Spiel war eines der flotten Sorte. Mit 5:2 (1:1) entschieden es die Bremerinnen letztendlich verdient für sich.

Das Tempo war überraschend hoch. Die Eisernen, nach einer Ehrenrunde in der 3. Liga erst gerade aufgestiegen und mit immerhin schon sechs Punkten (zwei Siege) nach jetzt acht Spieltagen akzeptabel unterwegs – setzten gegen das technisch flüssigere Spiel der Werderanerinnen auf die alten Tugenden Kampfkraft, Willen, Einsatzbereitschaft. Der SV Werder, unterstützt von der eigenen U 17, die das Vorspiel gegen die U 17 der Berlinerinnen etwas glücklich mit 3:1 gewonnen hatten, und einigen angereisten Fans spielte gleich souverän und überlegen auf, versäumte es aber lange, entscheidend vors Tor zu gelangen. Union setzte ganz auf Konter – gleich der erste davon führte zu einem Handelfmeter, den Josephine Ahlswede kühl zum zwischenzeitlichen 1:1 verwandelte. Mit diesem Ergebnis ging es auch in die Pause. Etwas glücklich für die Berlinerinnen.

Leider haperte es bei Union an zwei Dingen: einerseits an einem souveränen Aufbauspiel von hinten heraus – meist wurde der Ball planlos über links gespielt, bis Torhüterin Sarah Hornschuch schließlich einen langen Abschlag machen musste. Andererseits liefen die Kombinationen in der Spitze – was bei Konterspiel ja wichtig ist – selten gut und flüssig; besonders Stürmerin Danya Barsalona hatte nicht ihren besten Tag erwischt. Es war Einwechselspielerin Jenny Trommer vorbehalten, den ersten richtig guten Konter nach der Pause zu vollenden – allerdings waren die Werderanerinnen zu dem Zeitpunkt schon auf 1:4 enteilt.

Werder Bremen zeigte nach der Pause, was den Unterschied machte: An Einsatzbereitschaft mangelte es auch ihnen nicht, dafür waren sie technisch besser. Kombinationen, Passspiel – man konnte erkennen, warum sie in der letzten Saison noch in der Ersten Liga unterwegs waren. War der Widerstand der Eisernen nach dem 1:2 erst einmal gebrochen, lief es bis zum Schlusspfiff für die Grün-Weißen wie von selbst. Das 5:2 ging auch in der Höhe vollauf in Ordnung.

Grämen müssen sich die Eisernen (ganz in Schwarz mit Werbung fürs Deutsche Rote Kreuz) keinesfalls – ein bisschen Arbeit, und die Mängel im Aufbauspiel sind rasch behoben. Bitter war die vorherige 0:4-Klatsche beim SV Henstedt; das 2:5 gegen die Tabellenführerin lässt auf bessere Resultate gegen gleichwertige Gegnerinnen hoffen.

Die Atmosphäre in der zugigen Anlage der BSG Chemie Adlershof war tatsächlich so, wie man sich die „2. Liga Nord“, die es auch bei den Herren einmal gegeben hat, so vorstellt. Es gab Knackwürstchen für 1,50 Euro, Filterkaffee aus der Thermoskanne, Aufwärmen am Heizungskörper vor den Umkleiden, während sich die fast durchgehend bezopften Spielerinnen für die zweite Halbzeit bereit machten; launige Kommentare und Alltagsaustausch hinter den weißen Stangen am Spielfeldrand. „Hauptstadtarroganz“, so das Motto der Eisernen, hier einmal auf romantischem Provinzniveau. René Hamann