Filme aus dem Archiv – frisch gesichtet

LARS PENNING

Das Festival „Czech on Tour“ präsentiert dieser Tage einige ausgewählte Beispiele der jüngeren Filmproduktionen unseres Nachbarlandes. Für ihre Dokumentation „Nestvabov“ ist die Regisseurin Erika Hniková allerdings gleich noch ein Land weiter gereist und porträtiert das Örtchen Zeplinska Hámre in der ostslowakischen Provinz. Dort tendiert der Bürgermeister, ein schneidiger Exgeneral, stark dazu, ins Leben seiner „Untertanen“ hineinzuregieren: Er will um jeden Preis die zeugungsfähigen Singles der Region miteinander verkuppeln, damit das Dorf nicht ausstirbt. Und so knallt in der Dorfdisco zwar bald „Sex on the Beach“ aus den Boxen, aber danach ist hier offenbar niemandem. Hnikovás Film besitzt einen unterschwelligen trockenen Humor, einen sehr feinen Sinn für die Ironie des Lebens – doch das Lachen bleibt einem auch immer wieder im Hals stecken, angesichts der reaktionären und chauvinistischen Ideen, die hier über Frauen und Familie geäußert werden. (OmU) 8. 12. Filmmuseum Potsdam)

Auch Rumänien besitzt eine florierende Filmszene: Regisseur Radu Jude stammt ursprünglich aus der Werbebranche und präsentiert mit „The Happiest Girl in the World“ (2009) eine bittere Satire über die falschen Heilsversprechen des Kapitalismus. Dazu lässt er die 18-jährige Delia mit ihren Eltern aus der Provinz nach Bukarest kommen, wo das Mädchen, das in einem Preisausschreiben ein schickes neues Auto gewonnen hat, als „das glücklichste Mädchen der Welt“ in einem Werbespot auftreten soll. Leider liegt Delia bereits heftig mit ihren Eltern im Clinch und ist gar nicht glücklich: Während sie den Wagen als Symbol eines sonst unerreichbaren Wohlstandes gern behalten möchte, wollen die Eltern ihn verkaufen, um mit einer kleinen Familienpension ins Tourismusgeschäft einzusteigen. Ergreifend ist dabei vor allem die junge Schauspielerin Andreea Bosneag, die ihrer Delia den anrührenden Trotz der Jugend und die Naivität des Provinzmädchens verleiht. (OmU) 6. 12.–9. 12. Regenbogenkino)

Künstlerisch wird der britische Schauspieler Daniel Radcliffe wohl ewig gegen sein Harry-Potter-Image anspielen müssen. In „Die Frau in Schwarz“, einer Horrorproduktion des wiederbelebten Hammer-Studios, gelingt ihm das schon einmal recht ansprechend: Während er als Anwalt in einem abgelegenen Haus die Papiere einer verstorbenen Mandantin sortiert, begegnet ihm dort allenfalls der Geist einer rachsüchtigen Exbewohnerin. Schön gruselig das Ganze, inszeniert von Regisseur James Watkins mit viel Sinn für die Atmosphäre einer düsteren Moorgegend und des großen verlassenen Hauses. (OF) 7. 12. Eiszeit-Kino)