heute in Bremen
: „Das verändert Lebensläufe“

Ungleichheit Im DGB-Haus startet heute eine Veranstaltungsreihe zu Mehrfach-Diskriminierung

Olaf Bernau

:

47, Mitarbeiter beim Bremer Projekt Antidiskriminierung in der Arbeitswelt.

taz: Herr Bernau, warum ist Mehrfach-Diskrimierung schlimmer als einfache?

Olaf Bernau: Es ist nicht unbedingt schlimmer, sondern anders. Diskriminierung ist eine sehr persönliche Erfahrung, das heißt, ähnliche Diskriminierungen können ganz unterschiedlich erlebt werden. Und wenn Personen aus einer Kombination von Merkmalen unter Diskrimierung leiden, können sich die Vorurteile zu einer ganz eigenständigen Form von Diskriminierung verdichten.

Haben Sie ein Beispiel?

Dicke Frauen werden viel krasser diskriminiert als dicke Männer. Bei Frauen gilt Dicksein unter anderem als undiszipliniert – es geht gar nicht. Bei Männern heißt es: Im Alter wird man halt runder. Manchmal wird es sogar zu Machtfülle umgedeutet. Aber es gibt viele Gleichungen: Muslimische Frauen mit Migrationshintergrund und Kopftuch. Und muslimische Männer arabischer Herkunft gelten ganz schnell als Terroristen.

Was bedeutet Mehrfachdiskriminierung im Beruf?

Ob mehrfach oder einfach – Diskriminierung hinterlässt in der Arbeitswelt besonders harte Spuren, etwa wenn man im Bewerbungsverfahren das Nachsehen hat. So müssen SchülerInnen mit Migrationshintergrund bei gleichem Schulabschluss und gleichen Noten viel länger nach einem Ausbildungsplatz suchen als SchülerInnen aus der Mehrheitsbevölkerung. Das verändert Lebensläufe.

Was kann man dagegen tun?

Anti-Diskriminierungsarbeit hat zwei Dimensionen: Erstens wollen wir bei Vorfällen intervenieren und Betroffene unterstützen. Zweitens machen wir Präventionsarbeit: Das zielt auf Verhinderung von Diskriminierung.

Was macht man gegen eine männliche, weiße Führungsetage, die weiß, dass sie diskriminiert, der es aber egal ist?

Natürlich kann man die Privatwirtschaft kaum zu etwas zwingen, gleichzeitig bringen Selbstverpflichtungen oder unverbindliche Quoten meist wenig. Genau deshalb sind positive Maßnahmen so wichtig.

Wie zum Beispiel?

Beispielsweise ein anonymes Bewerbungsverfahren: Wenn beim Bewerbungsschreiben nur die Qualifikation im Zentrum steht und persönliche Angaben weggelassen werden, erhöht sich die Chance erheblich, überhaupt zum Vorstellungsgespräch eingeladen zu werden. INTERVIEW: Gareth Joswig

Auftaktveranstaltung: 17.30 Uhr, DGB-Haus, Bahnhofsvorplatz