„Frei von der Leber as we say in German“

Günther-Gate EU-Kommissar Oettinger entschuldigt sich für die Schlitzaugen-Rede – auf Denglisch

BRÜSSEL taz | Noch am Dienstag hatte er eine Entschuldigung empört abgelehnt. Doch nachdem sich sogar China über die umstrittenen Äußerungen des deutschen EU-Kommissars Günther Oettinger empört hatte, tritt er nun die Flucht nach vorn an.

„Ich möchte mich für jedwede Bemerkung entschuldigen, die nicht so respektvoll war wie geboten“, teilte der 63-jährige CDU-Politiker am Donnerstag überraschend mit. Die Erklärung kam ganz offiziell aus der EU-Kommission.

Oettinger entschuldigt sich also nicht als Privatmann, sondern als Mitglied der Behörde. Seiner Klarstellung sei ein Gespräch mit Kommissionschef Jean-Claude Juncker vorausgegangen, teilte dessen Sprecher mit. Ein weiteres Gespräch soll am Freitag folgen. „Juncker möchte noch einige Erklärungen hören“, so sein Sprecher.

Oettinger hatte in einem Vortrag vor Unternehmern in Hamburg in der letzten Woche Chinesen als „Schlitzohren und Schlitzaugen“ bezeichnet und dafür den Vorwurf des Rassismus auf sich gezogen.

Am Mittwoch hatte das chinesische Außenministerium protestiert. Die Äußerungen offenbarten ein „verblüffendes Überlegenheitsgefühl“ bei manchen westlichen Politikern, sagte eine Sprecherin.

Erst danach griff Juncker ein. Noch am Montag hatte er keinen Handlungsbedarf gesehen. Der Luxemburger sei mit dem EU-Kanada-Gipfel und dem umstrittenen Ceta-Freihandelsabkommen beschäftigt gewesen, hieß es am Donnerstag.

Das klang ebenso wenig überzeugend wie Oettingers Entschuldigung. Sie sorgt sogar für neue Lacher – wie so oft versucht sich der Schwabe in einem bizarren deutsch-englischen Sprachmix. „I was frank and open – it was not a speech read-out, but ‚frei von der Leber‘ as we say in German“, heißt es wörtlich in Oettingers Statement.

Eigentlich habe er sich weder über Chinesen oder Wallonen mokieren wollen, so der Kommissar weiter. Stattdessen sei es ihm darum gegangen, Reformen in Deutschland und in der EU anzumahnen, etwa bei der Wettbewerbs­fähigkeit.

Ob diese nachgeschobene Erklärung reicht? Bisher fehlt zum Beispiel eine Klarstellung zu der Frage, was Oettinger eigentlich mit der „Pflicht-Homoehe“ meinte. Unklar ist auch, ob der deutsche Digitalkommissar weiter – wie geplant – zum Haushaltskommissar und Vizepräsidenten der EU-Kommission aufsteigen kann. Die letzte Entscheidung liegt bei Juncker. Und der hüllt sich in Schweigen. Eric Bonse

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