Wie alles begann

REDAKTIONSGRÜNDUNG Eine Lücke in der Verlagslogik der taz, nicht nur übermütiges Engagement stand am Anfang der Bremer taz

Die Kripo durchsucht 1995 die Bremer taz-Redaktion am Dobben. Und fand: nichts. Mensch, waren wir wichtig – und empört! Als klar wurde, dass der Staatsrat Finanzen (CDU) das vertrauliche Papier weitergegeben haben könnte, stellte die Kripo die Suche nach ein Foto: taz-Archiv

von Klaus Wolschner

Warum gerade im kleinen Bremen, das wird oft gefragt. Warum gibt es neben Berlin und Hamburg ausgerechnet hier eine eigene Redaktion der taz?

Verschiedene Faktoren mussten vor 30 Jahren zusammenkommen. Vor allem gab es eine Initiative, die das Vorhaben im Rahmen der taz vorantrieb – und von Bremer Förderern knapp 250.000 Mark sammelte: stilles Gesellschafterkapital für eine „taz bremen GmbH“. Aus Berliner Sicht hätte es „lohnendere“ Zwecke für soviel Geld gegeben. Aber es lag zweckgebunden auf dem Notaranderkonto von Prof. Ulrich K. Preuß und die taz konnte es nur bekommen, wenn sie 1986 grünes Licht für den Lokalteil gab. Wer wollte da Nein sagen?

Ein Jahr lang hatte es einen Vorlauf gegeben – die Bremer „freitags-taz“. Wöchentlich vier Lokalseiten, das war ein Experiment. Auch in Erlangen gab es damals pro Woche lokale Seiten. Die taz wollte ausprobieren, ob es möglich war, mit geringen Mitteln lokale „ ökonomischen Standbeine“ zu entwickeln. Denn überregionalen Zeitungen hatten das: die Süddeutsche Zeitung in München, die FAZ in Frankfurt. Die Welt hatte keine und war defizitär.

Für die taz war Bremen ein gutes Pflaster für eine lokale Ausgabe: Es gab eine vergleichsweise höhere taz-Leser-Dichte als in anderen Großstädten und Bremen war Bundesland, hatte also neben den kommunalen Themen die Landespolitik.

Aber was die Leser-Resonanz anging, war die Freitags-taz kein Erfolg. Nach einem guten halben Jahr war klar: entweder richtig – also täglich – oder gar nicht.

Entscheidend war eine drucktechnische Besonderheit: Wenn die taz damals für Hamburg, wo es bereits seit 1981 eine Lokalausgabe gab, 16 überregionale plus vier Lokalseiten druckte, musste die große Druckmaschine für Niedersachsen und Bremen auf 16 überregionale Seiten umgerüstet werden. Das kostete eine erhebliche Summe. So viel, dass die Geschäftsführung der taz damals vorhatte, Niedersachsen und Bremen mit dem Hamburger Lokalteil zu beliefern, weil das unterm Strich günstiger gewesen wäre. Für einen Bremer Lokalteil bedeutete das: Zusätzlich würden nur Kosten für den Wechsel der Druckplatten entstehen, nicht für das Papier und den Mehrdruck.

Klaus Wolschner

Foto: H. v. d. Fecht

Jg. 1951, war seit 1979 bei der taz in Berlin, 1985 Gründer des Bremer Lokalteils der taz und 1990/1 ein Jahr in Ost-Berlin (DDR-taz). Seinen „Ruhestand“ verbringt er als taz- und Buchautor.

Dafür musste es aber eine Redaktion geben, Fotografen, ein Büro, eine Anzeigenabteilung und eine kleine Verwaltung für die „taz Bremen GmbH“. Wir dachten damals, 150.000 bis 250.000 Mark würden als Investition ausreichen und plakatierten: „Alle reden vom Sparen – wir investieren“.

Der taz-Verlag in Berlin hatte viel Geduld mit der Bremer Initiative, auch weil sie von Anfang an „schlanker“ produzierte als andere Bereiche der taz. Als nach 15 Jahren die Abo-Zahlen immer noch nicht auskömmlich waren und weil auch im dreimal größeren Hamburg Jahr für Jahr Defizite anfielen, zog die Geschäftsführung in Berlin die Pistole.

Ein Glück im Unglück insbesondere für die Bremer Redaktion war, dass gerade in Nordrhein-Westfalen taz-intern die Idee von „Regionalseiten“ diskutiert wurde, was dann nach heftigen taz-internen Protesten auch die Lösung im Norden war: Hamburg und Bremen mit Niedersachsen vereint als taz.nord. Der regionale NRW-Teil ist längst eingestellt, weil die publizistische Idee nicht zündete – Hurra!, taz.bremen lebt noch!