Frankfurter Buchmesse

Seit gestern stellen 7.000 Aussteller aus rund 100 Ländern ihre ­Bücher auf der 68. Ausgabe der größten Bücherschau der Welt vor

Platz für Neu und Alt

Trends In Frankfurt werden dieses Jahr Kunst und Literatur verbunden und E-Books beworben. Im Zentrum aber steht weiterhin das klassische Buch

Erobern digitale Wunderkinder jetzt die klassische ­Verlagswelt, statt sie zu zerstören?

BERLIN taz | Auch dieses Jahr gibt es eine echte Neuheit auf der Frankfurter Buchmesse. „The Arts+“ versteht sich als Messe in der Messe – aber ihre Themen gehen weit über Literatur hinaus. Die Halle 4.1 öffnet sich nicht nur für Kunstbuchverlage, sondern für sämtliche Inhalte der Kunst- und Kreativlandschaft. Und schafft damit einen Raum für Gespräche und interaktive Formate rund um den Kunstmarkt.

Das Programm klingt interessant: Auf einer Bühne werden Präsentationen und Performances stattfinden. David Hockney steht für die Verschmelzung von Literatur mit Kunst. Der 79-jährige Brite wird, neben seiner Rolle als Hauptredner auf der Eröffnungspressekonferenz, ebenfalls sein Buch „Sumo“ vorstellen. An den Diskussionen, Workshops und Vorträgen über die Entwicklung der Kulturwirtschaft nehmen unter anderen die Choreografin Sasha Waltz, Archivarin Birgit Joos oder der Künstler Tobias Rehberger teil. Man kann es aber auch so sehen: Der Platz für traditionelle Bücher musste schrumpfen.

Ihren Schwerpunkt legt die Messe aber weiterhin auf das klassische Buch. Daran konnten bisher auch die E-Books nicht rütteln. Von der großen Herausforderung sind sie inzwischen zu einem selbstverständlichen Programmpunkt mutiert. Am Donnerstag wird der Deutsche eBook Award in den Kategorien Fiction, Non-Fiction und Kinder und Jugend vergeben. Das ist längst Business as usual. Und betrachtet man die Karriere der erfolgreichen YouTuberin und Selfpublisherin Mona Kasten, könnte man ins Grübeln geraten. Sie präsentiert den ersten Roman ihrer New-Adult-Reihe. Der Band „Begin Again“ erscheint im klassischen Verlag. Erobern digitale Wunderkinder jetzt die klassische Verlagswelt, statt sie zu zerstören? Oder kommt es zu einer friedlichen Koexistenz?

Digital Natives sind im „Orbanism Space“ dieses Jahr stärker vertreten. Die Internetstars der Branche sind auch am Freitag Teil einer Podiumsdiskussion. Mit ihr startet das experimentelle Projekt „Blogbuster“. Unter der Fachjury ist der ARD-Literaturkritiker Denis Scheck. Details sind noch nicht bekannt. Es soll eine Art Voting zwischen BloggerInnen, VerlegerInnen und LiteraturagentenInnen stattfinden. Der Verlag Klett-Cotta, die Literaturagentur Elisabeth Ruge und 16 LiteraturbloggerInnen werden daran teilnehmen.

Auf der Buchmesse treffen wie jedes Jahr innovative Experimente und Bewährtes aufeinander. Der diesjährige gemeinsame Ehrengast Flandern und die Niederlande setzt unter seinem Motto „Dies ist, was wir teilen“ einen der wichtigsten Schwerpunkte für das internationale Messepublikum. Für die deutschsprachigen Leser sind bisher 454 Neuerscheinungen rund um Flandern und die Niederlande angekündigt. Und nicht nur das. An den fünf Messetagen vertreten über 70 Schriftsteller die Gastregion. Unter ihnen sind die bekannten Autoren Margriet de Moor, Aline Sax oder Leon de Winter.

Beim „Weltempfang“ stehen besonders die kulturpolitischen Themen Zivilisation und Migration, Meinungsfreiheit und Kommunikation im Mittelpunkt. „Europa!“ ist das offizielle Motto der Diskussionsrunden. Bis zum Sonntag sprechen Philosophen, Wissenschaftler und Autoren über europäische Rolle und Identität. Dabei ist der Brite Ian Kershaw, dessen Sachbuch „Höllensturz – Europa 1914 bis 1949“ im September erschienen ist. Verena Krippner