Aufstockung für „Kitab“

ISLAMISMUS Das Beratungsnetzwerk „Kitab“ gegen islamistische Radikalisierung wird zukünftig von Bremen finanziert. Die Mittel werden auf zwei Vollzeitstellen aufgestockt

„Die Jugendlichen zu begleiten, ist ein langer Prozess“

David Aufsess, „Kitab“

Die Zukunft für das Beratungsnetzwerk „Kitab“ ist gesichert. Am Dienstag hat der Senat beschlossen, die Finanzierung zu übernehmen und die Stellen sogar noch aufzustocken: Künftig sollen dafür Mittel für zwei Vollzeitstellen bereitgestellt werden. 120.000 Euro macht der Senat dafür pro Jahr locker. Das Geld stammt aus dem Topf für „Sicherheit“ des Integrationspakets, mit dem der Bund die Länder und Kommunen unterstützt.

„Kitab“ berät seit 2012 Eltern, Angehörige und Betroffene, wenn Jugendliche sich islamistisch radikalisieren. Auch Fortbildungen etwa für LehrerInnen und pädagogische Fachkräfte werden angeboten. Das Angebot vom „Verein zur Förderung akzeptierender Jugendarbeit“ (Vaja) getragene Angebot wurden bislang mit 60.000 Euro durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge und das Bundesinnenministerium finanziert.

Die zwei MitarbeiterInnen von „Kitab“, die sich bislang etwas mehr als eine volle Stelle teilten, waren dabei länderübergreifend in ganz Norddeutschland tätig, während Hamburg, Niedersachsen und Schleswig-Holstein sich zwischenzeitlich eigene Beratungsstrukturen aufgebaut hätten, wie es in der Senatsvorlage heißt.

Der Bedarf an einer Beratung ist hingegen groß: Derzeit gebe es eine Wartezeit von zwei bis drei Wochen für einen ersten Termin, sagte „Kitab“-Mitarbeiter David Aufsess der taz. „Wenn Familien sich melden, schauen wir in Beratungsgesprächen, wo individuelle, biografische Gründe für eine Radikalisierung der Jugendlichen liegen könnten“, so Aufsess. Die Jugendlichen zu begleiten, sei ein sehr langer Prozess. „Es war schwierig für ‚Kitab‘, weil die Finanzierung nicht klar war“, sagte Aufsess. Endes des Jahres wären die Gelder vom Bund ausgelaufen.

Das Angebot wäre weggefallen und die aufgebaute Kompetenz verlorengegangen, heißt es dazu auch in der Senatsvorlage. Dabei seien salafistische und islamistische Strömungen im Land Bremen „vergleichsweise stark“. Bedingt durch die hohe Zuwanderung junger Menschen muslimischen Glaubens nach Bremen sei auch der Beratungsbedarf der Fachkräfte im Hinblick auf Präventionsmaßnahmen und das Erkennen von Radikalisierungstendenzen „bedeutend angestiegen“. Zudem unterstrichen die jüngsten Anschlägen in Deutschland den Bedarf für die Angebote von „Kitab“. jpb