heute in Bremen
: „Auch zu Neonazis“

DISKUSSION Rechtsextremismus-Expertin spricht mit Bremens Kripo-Chef über die Hells Angels

Andrea Röpke

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51, ist Politologin, freie Journalistin und Autorin mit dem Themenschwerpunkt Rechtsextremismus.

taz: Frau Röpke, die Hells Angels scheinen sich in Bremen wieder etablieren zu wollen – wie erklärt sich das?

Andrea Röpke: Sie waren ja nie weg. Nach dem Verbot des Charter Bremen und der angeblichen Auflösung des Charter West Side ist es zwar ruhig um sie geworden, aber sie haben sich regelmäßig in einem Café in Woltmershausen getroffen und sie waren in der Loge des Weserstadions.

Aber trotzdem scheint es ein neues Problem mit Rockern zu geben …

Neu ist, wie jetzt in Walle, dass die Hells Angels ganz offen mit den Mächtigen des Charter West Side auftreten.

Was ist an Bremen so interessant?

Bremen scheint wichtig zu sein wegen der Drogenwege: Der Drogenhandel, der ja einer der Haupteinnahmequellen der Hells Angels ist, soll über Bremen laufen.

Wie erklären Sie es sich, dass ein Antrag im Beirat Walle, den neuen Hells-Angels-Treffpunkt zu verbieten, erst einmal keine Mehrheit fand?

Das hat etwas mit dem Auftreten der Hells Angels während der Beiratssitzung zu tun. Die Rocker, die ja in Bremen durchaus Verbindungen zu Rechtsex­tremisten und Hooligans haben, kopieren die Strategie der Neonazis so, wie es ja auch in Mecklenburg-Vorpommern funktioniert: Sie geben sich als rechtschaffene Bürger aus, die sich kümmern.

Ist Michael Wellering vom Charter West Side, der an der Beiratssitzung teilgenommen hat, so ein vermeintlich rechtschaffener Bürger?

Ich selbst empfinde ihn nicht so, sondern eher als autoritär und einschüchternd. Aber er versucht schon anders aufzutreten als so ein „typischer“ Rocker, trägt zum Beispiel keine Tätowierungen zur Schau.

Woran liegt es, dass sich Menschen blenden lassen trotz allem, was doch hinlänglich bekannt ist über die Rocker?

Es mangelt an Aufklärung – davon gibt es zu wenig und sie muss an zivilgesellschaftliche Stellen verteilt werden. Es muss breit über die Verbindungen der Rocker nicht nur zur organisierten Kriminalität, sondern auch zu Neonazis und Hooligans informiert werden. Auch über das hierarchische Denken und das Frauenbild, das dort herrscht: Frauen spielen bei den Hells Angels keine Rolle, sie sind nicht gleichberechtigt – sie sind dort keine Frauen, sondern „Bitches“.

Was kann die Politik tun?

Für diese Aufklärungsarbeit müssen dringend Gelder bereitgestellt werden.

INTERVIEW: schn

Diskussion „Rückkehr der Hells Angels?“: 18.30 Uhr, Café Blau im Speicher XI, Überseestadt