Gnade für Gbagbo

Elfenbeinküste: Afrikanische Union rettet Präsident. Doch das Land kommt unter internationale Aufsicht

BERLIN taz ■ Der bedrängte Präsident des Bürgerkriegslandes Elfenbeinküste, Laurent Gbagbo, kann aufatmen. Wie der Sicherheitsrat der Afrikanischen Union (AU) am Donnerstag in der äthiopischen Hauptstadt Addis Abeba beschloss, bleibt Gbagbo trotz des Ablaufs seiner regulären fünfjährigen Amtszeit Ende Oktober noch ein Jahr länger Staatschef seines Landes. Er wird allerdings entmachtet.

Damit entschärft die AU vorerst die Krise, die ausgebrochen war, nachdem Gbagbo letzten Monat die für 30. Oktober vorgesehenen Wahlen in der Elfenbeinküste abgesagt hatte. Das Land ist seit dem Ausbruch einer Militärrebellion im September 2002 geteilt: Die Regierung Gbagbo kontrolliert die Südhälfte, Rebellen die Nordhälfte. Mehrere Friedensabkommen sind bisher gescheitert. Gbagbos Gegner haben gewarnt, sie würden den Staatschef ab Ende Oktober nicht mehr anerkennen.

Der AU-Beschluss belässt nun Gbagbo als Staatschef, aber seine Macht wird beschnitten. „Ein neuer, für alle Parteien akzeptabler Premierminister“ wird „die volle Autorität“ über die Regierung ausüben. Ein internationales Überwachungsgremium unter Vorsitz des Außenministers von Nigeria wird den Fortgang des Friedensprozesses „evaluieren, kontrollieren und verfolgen“ und im Problemfall der AU und der UNO Handlungsvorschläge machen. Unter Leitung eines Sonderbotschafters aus Südafrika wird das Gremium „tägliche Vermittlung“ zwischen den Konfliktparteien unternehmen. Nigeria und Südafrika organisieren außerdem einen „Nationalen Dialog“ für das Land.

Noch nie ist die AU so weit gegangen, was das Hineinregieren in eines ihrer Mitgliedsländer angeht. Mit dieser Struktur gerät die Elfenbeinküste praktisch unter internationale Treuhandschaft. Der AU-Sicherheitsrat betont, dass es sich um einen Beschluss handelt, nicht einen Vorschlag, über den noch verhandelt werden kann.

„Gbagbo ist jetzt Königin von England“, lästerte gestern eine ivorische Zeitung. Doch die politischen Reaktionen waren geteilt. Gbagbos Partei FPI (Ivorische Volksfront) freute sich, dass ihr Führer nicht komplett abgesägt wurde. Die zivile Opposition und die nordivorischen Rebellen äußerten sich skeptisch bis ablehnend. „Das Grundproblem ist, dass Gbagbo bleibt“, sagte Amadou Koné, Kabinettschef der Rebellenführung. Die Gegner des Präsidenten weisen darauf hin, dass Gbagbo längst parallele Machtstrukturen mit eigenen Milizen aufgebaut hat, die die Arbeit jeder Regierung sabotieren können. DOMINIC JOHNSON