THEATER

TheaterEsther Slevogtbetrachtet das Treiben auf Berlins Bühnen

Die alte Theaterfrage von Sein oder Nichtsein hat auch viel mit der Frage von grundsätzlicher Sichtbarkeit zu tun. „Die im Dunkeln sieht man nicht“, hat Bert Brecht das formuliert. Und wer auf der Bühne steht, der ist sichtbar. Nicht nur der Scheinwerfer wegen, sondern auch, weil bestimmte Macht- und Herrschaftsverhältnisse darüber entscheiden, wer überhaupt dort stehen darf. Sehr lange sind das hierzulande weiße Männer gewesen. Irgendwann kamen auch weiße Frauen dazu. Von denen, die anders als der Mainstream aussahen, anders glaubten oder ungewohnte Namen hatten, war lange nichts zu sehen. Erst vor Kurzem hat hier eine Veränderung eingesetzt. Trotzdem ist die Theaterhochkultur immer noch wesentlich eine weiße Veranstaltung.

Die Kulturwissenschaftlerin, Performerin und Regisseurin Simone Dede Ayivi arbeitet schon länger an der Veränderung dieses Umstands. Sie schreibt Essays, macht Stücke und steht auch als Schauspielerin auf der Bühne. Ihr neues Projekt mit dem Titel „First Black Woman in Space“. Er geht auf den berühmten weiblichen Leutnant Uhura in der Serie „Star Trek“ beziehungsweise „Raumschiff Enterprise“ zurück, dessen Darstellerin die schwarze Schauspielerin Nichele Nicols war, in vieler Hinsicht eine revolutionäre Erscheinung im Fernsehen des späten 20. Jahrhunderts: Frau, schwarz, technologisch avanciert, in einem von Männern dominierten Bereich. Jetzt, im 21. Jahrhundert, geht die Sache mit dem „feministischen afrofuturistschen“ Projekt in eine neue Runde (Sophiensaele: „First Black Woman in Space“, 21.–23. 10. 19.30 Uhr).

Unverzichtbarer Bestandteil des Theaters ist der Applaus. In dem Augenblick, in dem er aufbrandet (oder auch nicht), ist der Zauber gebrochen, der für eine Weile uns Zuschauern die Bühne als eine fremde Welt behauptet hat, in die wir kurz schauen durften. Mit dem Applaus bekennt sich diese fremde Welt zu ihrem schnöden Gemachtsein, und wir Zuschauer sagen mit dem Applaus, wie gut dieses Gemachte war. Im Ballhaus Ost untersucht nun die Berliner Performancegruppe :objective:spectacle das Phänomen einmal grundsätzlich (Ballhaus Ost: „Clap“, 21., 22. & 23. 10., jeweils 20 Uhr).

Dann wäre noch ein Geburtstag zu vermelden: der 80. von Ku’damm-Theaterurgestein Jürgen Wölffer. Eine echte Berliner Theaterinstitution, auch wenn die Ku’dammbühnen aktuell durch Investorenheuschrecken stark bedroht sind. Die Petition zur Rettung der Ku’dammbühnen auf change.org hat viermal so viele Unterstützer wie die Volksbühnenpetition (80. Geburtstag: Komödie am Kurfürstendamm, 24. 10.).