Mönche als Hassprediger

RELIGIÖSE GEWALT UND DISKRIMINIERUNG Obwohl der Missbrauch der Religion für politische Zwecke in Myanmar verboten ist, werden buddhistische Hassprediger nicht gestoppt

Vergoldete Buddha-Statue in einer Pagode in Myanmars Tempelstadt Bagan. Foto: Sven Hansen

Von Chit Swe

Myanmars Verfassung erkennt die besondere Rolle des Buddhismus als Glaube der Bevölkerungsmehrheit an. Die Verfassung scheint gegenüber dem Buddhismus sehr zuvorkommend zu sein. Doch erkennt sie auch das Christentum, den Islam, den Hinduismus und den Animismus als förderungswürdig und schützenswert an. Und Missbrauch der Religion für politische Zwecke ist verboten.

Die Religionsfreiheit wurde lange Zeit eingeschränkt, sowohl durch offizielle Vorschriften wie in der Praxis. Nichtbuddhisten wurden in den fünf Dekaden der Militärherrschaft ebenso drangsaliert wie unter der quasizivilen Regierung von Präsident Thein Sein (März 2011 bis März 2016).

Kurz nach der Unabhängigkeit 1948 brachen Aufstände ethnischer Minderheiten aus. Bewaffnet kämpften sie für die Unabhängigkeit von der buddhistisch dominierten Regierung. Die meisten nichtbirmanischen Minderheiten sind Christen. Das Militär zerstörte Kreuze im Chin-Staat und beschädigte Kirchen im Kachin-Staat. Das Verhältnis zwischen birmanischen Buddhisten und Gläubigen anderer Religionen verschlechterte sich.

Nachdem 2011 erstmals eine halbdemokratische und halb-zivile Regierung an die Macht kam, brach im westlichen Rakhine-Staat religiöse Gewalt aus, angeführt von buddhistischen Mönchen, die von dem Hassprediger Mönch Ashin Wirathu angefeuert wurden. Das US-Magazin Time nennt ihn „das buddhistische Gesicht des Terrors“. Rohingya und andere Muslime in Birma wurden angegriffen und noch stärker diskriminiert. Ashin Wirathus Organisation Ma Ba Tha (Komitee zum Schutz von Rasse und Religion) gewann an Einfluss.

Wachsende Vorbehalte

Christen und vor allem Muslime werden vielfältig diskriminiert. Inzwischen haben sie oft selbst Vorbehalte gegen Buddhisten. Dabei lehnt die Mehrheit der Buddhisten Diskriminierung ab. Aber weil die Mehrheit schweigt, haben sich die Bedingungen verschlechtert. So haben etwa Muslime und ethnische Chinesen Schwierigkeiten, Personalausweise zu bekommen. Sie fühlen sich als Bürger zweiter Klasse behandelt.

Muslime ärgert auch der Versuch ultranationalistischer Buddhisten, zwei muslimische Märtyrer vom nationalen Gedenken auszuschließen. Denn U Razak und sein Leibwächter Ko Htwe wurden zusammen mit sieben anderen Nationalhelden, darunter General Aung San (Vater der Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi) ermordet. Doch am diesjährigen Tag der Märtyrer (19. Juli) haben Ultranationalisten den beiden Muslimen das Gedenken verweigert.

Die Thein-Sein-Regierung hat wenig gegen Hassreden getan, sofern sich diese nicht gegen Buddhisten, die Regierung oder das Militär richteten. Hass predigende buddhistische Mönche hatten freie Hand. Vor allem im Internet kursieren verbale Ausfälle gegen Muslime, Frauen, sexuelle Minderheiten und manchmal auch Christen. Die Regierung ging kaum gegen buddhistische Gewalttäter vor, sondern verstärkte die Restriktionen für die Angegriffenen.

Buddhistische Mönche sind sehr einflussreich, weshalb sie viel zu guten Beziehungen zu den anderen Religionen beitragen können. Doch die Zahl der im interreligiösen Dialog engagierten Mönche ist gering. Sie werden von den Hasspredigten radikaler und ungebildeter Mönche beeinflusst. Dabei gibt es unter Myanmars Muslimen, Christen und Hindus so gut wie keinen Extremismus.

Die Regierung ist gefordert

Es gibt einige interreligiöse Dialoge, aber sie sind unbefriedigend. Die Führer unterschiedlicher religiöser Gruppen organisieren etwa Spendenkampagnen. Dann wird für Überschwemmungsopfer gespendet, und Buddhisten, Muslime, Christen und Hindus beten für sie. Doch wird sich die Situation der im Rakhine-Staat in Lager eingesperrten muslimischen Rohingya erst bessern, wenn sich die Zentralregierung des Problems annimmt und es einen interreligiösen Dialog auch auf den untersten Ebenen gibt.

Inzwischen haben Menschenrechtsaktivisten einen Gesetzentwurf gegen Hassreden mitformuliert. Ko Ni, ehemals Rechtsberater der inzwischen regierenden Nationalen Liga für Demokratie und selbst Muslim, hofft, dass das neue Gesetz noch dieses Jahr verabschiedet wird. In Myanmar, das nach langer Militärdiktatur auf die Beine zu kommen versucht, sollten Prediger des Ultranationalismus und des Hasses wegen Verstoß gegen die Verfassung gestoppt werden.