Gratifikation mit Vorbehalten

WEIHNACHTSGELD Ob Arbeitnehmer in den Genuss der einmaligen Sonderzahlung kommen, steht im Arbeitsvertrag. Doch es gibt einige Beschränkungen und knifflige Detailfragen

Über die Hälfte der Beschäftigten kann sich jedes Jahr über Weihnachtsgeld freuen

VON MANDY KUNSTMANN

Arbeitnehmer haben zwar keinen gesetzlichen Anspruch auf die Feiertagszahlung. Dennoch müssen sich Unternehmen an gewisse Regeln halten. Hier sind die Antworten auf einige der wichtigsten Fragen zum Festtagsbonus.

Wer bekommt Weihnachtsgeld? Über die Hälfte der Beschäftigten in Deutschland kann sich jedes Jahr aufs Neue über Weihnachtsgeld freuen. Ob Arbeitnehmer die einmalige Sonderzahlung erhalten, steht im Arbeitsvertrag. Auch im Tarifvertrag oder in der Betriebsvereinbarung kann der Anspruch geregelt sein.

Darf der Chef am Weihnachtsgeld rütteln? Ist die Zahlung vertraglich vereinbart, darf die Firma sie nicht einfach streichen oder kürzen. „Steht etwa im Vertrag, dass ein Weihnachtsgeld von 1.000 Euro zu zahlen ist, so muss der Arbeitgeber dem auch nachkommen“, erläutert der Berliner Rechtsanwalt Volker Dineiger, „egal ob der Mitarbeiter nun wegen eines Bandscheibenvorfalls 100 Tage krankgeschrieben war.“

Oftmals sehen Arbeitsverträge allerdings Beschränkungen für den Krankheitsfall vor. Bei langen Fehlzeiten bekommen Mitarbeiter dann im Zweifelsfall nur einen stark verkleinerten Zuschuss. Häufig vereinbaren Unternehmen zudem eine Stichtagsregelung, wonach Mitarbeiter nur dann einen Anspruch auf das Geld haben, wenn sie sich an einem bestimmten Tag in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis befunden haben.

Was ist, wenn Weihnachtsgeld freiwillig gezahlt wird? Hier muss man unterscheiden. Steht im Vertrag, das Weihnachtsgeld werde „freiwillig“ oder „ohne jeden Rechtsanspruch“ gezahlt, liegt es am Chef, ob er sich großzügig zeigt. Heißt es, es handele sich um eine „freiwillige, stets widerrufliche“ Leistung, sieht der Fall anders aus. Will der Chef nicht zahlen und beruft sich dabei auf die Klausel, ist er im Unrecht. „In vielen alten Verträgen ist diese ungültige Formulierung noch zu finden“, erläutert Jurist Dineiger. „Das Bundesarbeitsgericht hat diese Vorbehalte für nicht rechtmäßig erklärt.“ Die Firma darf also nicht zum Rotstift greifen.

Und wenn nichts geregelt ist? Auch ohne vertragliche Vereinbarung kann ein Anspruch auf Weihnachtsgeld entstehen. Zahlt der Arbeitgeber die Festtagsgratifikation dreimal in gleicher Höhe und ohne jeden Vorbehalt, dann haben Arbeitnehmer ein Anrecht auf die Zahlung – wegen „betrieblicher Übung“.

Darf der Chef im Falle einer Kündigung das Geld zurückverlangen? Nur wenn dementsprechende Rückzahlungspflichten im Vertrag vereinbart sind – und wenn es sich um mehr als 100 Euro handelt. Bei mehr als 100 Euro, aber weniger als einem Monatsverdienst kann der Chef eine Bindungsfrist bis zum 31. März des Folgejahres vorschreiben. Kündigt ein Mitarbeiter nun zum 31. Januar, muss er das Geld zurückgeben. Kündigt er zum 31. März oder 30. April, darf er es behalten. Beträgt der Weihnachtszuschuss ein volles Monatsgehalt oder mehr, kann die Firma längere Rückzahlungsfristen festlegen.

Gibt es Weihnachtsgeld auch in der Elternzeit? Mütter und Väter, die eine unbezahlte Auszeit vom Job nehmen, um sich um den Nachwuchs zu kümmern, gehen oft leer aus. Arbeitgeber dürfen das Weihnachtsgeld streichen, wenn das Arbeitsverhältnis deswegen ein ganzes Jahr ruht. Entscheidend ist, wie genau die Firma die Regelungen zum Weihnachtsgeld vertraglich ausformuliert hat.

Haben auch 400-Euro-Jobber einen Anspruch auf Weihnachtsgeld? Zahlt das Unternehmen den Festtagsbonus ohne jedwede Bedingung, haben alle Mitarbeiter Anspruch darauf – auch 400-Euro-Jobber, Teilzeitkräfte oder Werkstudenten. Abzüge in der Höhe der Zahlung gehen hier in Ordnung. „Oftmals wird Weihnachtsgeld als Bruchteil des Bruttomonatslohnes gezahlt“, erläutert Michael Henn, Präsident des Verbands deutscher Arbeitsrechtsanwälte (VdAA). „Die Abstriche in der Zahlung ergeben sich dann automatisch durch die unterschiedlichen Monatsgehälter.“ Willkürlich darf der Chef niemanden von der Zuwendung ausschließen.

Was tun, wenn der Chef das Festtagsgeld nicht zahlt? Verweigert das Unternehmen den weihnachtlichen Bonus, obwohl er vertraglich vorgesehen ist, haben Arbeitnehmer in der Regel das Nachsehen. „Man kann versuchen, die Zahlung vom Chef einzufordern“, erläutert Fachanwalt Henn. „Geht dieser darauf nicht ein, ist die Sache meist erledigt.“ Der Grund dafür: Kaum jemand in einer ungekündigten Position verklagt wegen solch einer Angelegenheit sein Unternehmen. Das würde das Arbeitsverhältnis zu stark belasten.