MUSIK

MusikThomas Mauchhört auf den Sound der Stadt

Erste Abteilung: Nicht-Pop. Bevor sich der englische Musiker und Komponist Cornelius Cardew (1936–1981) dann in den Siebzigern entschieden dem Maoismus zuwandte und er deswegen, um das Volk überhaupt zu erreichen, etwas volksnäher komponieren wollte, hatte es Cardew, der auch mal Stockhausen-Assistent war, mit der knochentrockenen Avantgarde. Als eines seiner Schlüsselwerke gilt die von Wittgensteins „Tractatus“ inspirierte Komposition „Treatise“ – eine strikt grafisch gehaltene Partitur, ohne irgendwelche Anleitungen für die Aufführenden, wie nun die geometrischen Figuren und Muster zu spielen sind. Heißt: absolute interpretatorische Freiheit ist hier vorgeschrieben. Wobei Cardew allerdings schon vorgeschlagen hat, dass sich die Performer vorab über ihre Regeln und Methoden bei der Exegese der Partitur verständigen sollten. Also: Freiheit mit Absprachen. Wie das klingen kann, ist am Freitag im Roten Salon zu hören, wenn eine lose, in Wien zusammenarbeitende Gruppe aus KünstlerInnen, WissenschaftlerInnen, MusikerInnen und TheoretikerInnen sich diesem „Treatise“ widmet. Mit dabei ist Diedrich Diederichsen, an dessen musikalischen Beiträge zum Pop etwa mit Nachdenkliche Wehrpflichtige und LSDAP/AO man ja auch mal wieder erinnern kann (Rosa-Luxemburg-Platz, 20 Uhr, 12/8 €).

Als aufrechter Maoist hat Cornelius Cardew dann so einem Zeug wie „Treatise“ und der Avantgarde überhaupt natürlich abgeschworen.

Die Pop-Abteilung. Irgendwie wenigstens. Weil die Séance aus Schrabbelrock, Folktradition und erweitertem Punk-Begriff, die die 11th Hour Adventists am Freitag im Bassy veranstalten, nimmermehr eine Sache der Hitparade sein, sondern immer eine Sache der Herzen bleiben wird. Wofür schon Mit-Adventist Jowe Head (of Swell Maps- und Television Personalities-Fame) einsteht (Schönhauser Allee 176a, 22 Uhr).

Der schönste Bandname in dieser Woche: John, Paul, George, Ringo & Richard.Spielen am Samstag im K19. Zickiger Elektropunk in deutsch (Kreutzigerstr. 19, 21 Uhr).

Und zwei Viererbanden: Am Samstag kommen All Them Witches ins White Trash Fast Food, die am besten live funktionieren bei lang ausgespielten Jams, in denen dann mit einer untergründigen Soul- und Jazz-Lässigkeit alle Dumpfheiten in Schach gehalten werden, die es sonst beim Blues- und psychedelisch verminten Stonerrock, dem eigentlichen Metier des Quartetts aus Nashville, durchaus zu hören gibt (Am Flutgraben 2, 21 Uhr, 16 €). Und Pile, ein Quartett aus Boston, machen einen klaustrophobischen, quengelnden, drängelnden, toll eckig sich rundenden Stop-and-go-Rock. Am Montag im Urban Spree (Revaler Str. 99, 20 Uhr).