Berlinmusik
: Pop und Asphalt

Ohne Markus Popp wäre die Geschichte der jüngeren elektronischen Musik wohl etwas anders verlaufen. Klingt pompös, ist für Popp und sein Projekt Oval aber angemessen. Mit seinen Alben „Systemisch“ und „94 Diskont“ gehört Popp zu den Pionieren der Glitch-Musik, jener digitalen Störgeräusche, die man heutzutage als selbstverständliches Produktionsaccessoire in elektronischer Musik wahrnimmt.

Seinerzeit zerkratzte Popp noch eigenhändig CDs, da es Musiksoftware mit den erforderlichen Effekten oder Plug-ins Mitte der neunziger Jahre noch nicht gab. In den vergangenen Jahren hatte sich Popps Fokus weg von Störgeräuschen hin zu einer hyperrealen Ästhetik verschoben, mit Instrumentalklängen, bei denen man nicht wusste – und auch nicht wissen sollte –, ob sie von Menschenhand hervorgebracht oder im Rechner simuliert waren.

Doch das ist inzwischen Geschichte. Mit „Popp“ ist Popp zu seinen Anfängen, wenngleich in veränderter Gestalt, zurückgekehrt. Die Glitch-Technologie ist wieder da, nur diesmal hat Popp seinen Ansatz mit für seine Verhältnisse höchst konventionellen Produktionsweisen wie Sequencing und Beats kombiniert. Ein Pop-Album im engeren Sinne ist das nicht, fraglich auch, ob man von „Popps Pop-Album“ sprechen sollte – selbst wenn der Titel einen schon zu Kalauern verleiten kann.

Tatsächlich lassen sich Anklänge an die artifizielle Ästhetik neuerer R&B-Produzenten finden, vor allem, weil Popp digitale Stimmenfetzen verwendet, die an die manipulierten Gesänge erinnern, wie sie mit Auto-Tune chartsfähig wurden. Das Ganze ist ein frickelig-fließendes Vergnügen, in dem es sogar Ansätze zu Melodie und Song-Rudimenten gibt. Aber wir wollen nicht übertreiben.

Ebenfalls neue Wege begeht der Berliner Musiker Stefan Goldmann auf seinem jüngsten Album „A1“. Mit der 50. Katalognummer seines Labels Macro legt Goldmann seinen ersten Soundtrack vor, mit dem er Tobi Müllers Dokumentarfilm „A1“ über die längste Autobahn der Schweiz untermalt hat. Von dieser filmischen Reise über den eidgenössischen Asphalt hat sich Goldmann zu synthetischen Skizzen aller Art inspirieren lassen: Mal horcht er abstraktem Klingeln nach, mal gibt er mit Techno-Beat die Fahrtrichtung vor, es fiept und pluckert. Das alles sehr kurzweilig und farbenfroh. Eine Art kleinteiliger Gegenentwurf zu Kraftwerks monolithischer „Autobahn“, wenn man so möchte. Tim Caspar Boehme

Stefan Goldmann: „A1“ (Macro/Alive)

Oval: „Popp“ (UOVOO/Anost)