Sonniger Ausblick

ENERGIEWENDE Zum Jahreswechsel steigen die Strompreise. Das ist eine Investition in die Zukunft – ökologisch und ökonomisch. Langfristig werden die Energiekosten dank erneuerbarer Energien sinken. Zudem haben Haushalte hohe Einsparpotenziale

Von 2000 bis 2011 wuchs der Verbrauch pro Kopf von 1.588 auf 1.725 Kilowattstunden

VON BERNWARD JANZING

Im neuen Jahr wird der Strom für die meisten Haushalte teurer – auch durch die erneuerbaren Energien. Und dennoch sind sich Forscher sicher: Langfristig wird Ökoenergie billiger sein als Energie aus fossilen Rohstoffen.

Das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme (ISE) in Freiburg hat dies gerade berechnet. Danach kostet eine Energieversorgung in Deutschland, die sich alleine auf regenerative Energien stützt, nach erfolgtem Umbau 107 bis 123 Milliarden Euro pro Jahr. Hingegen fallen für die heutige Versorgung mit Strom und Wärme jährliche Kosten in Höhe von mindestens 133 Milliarden Euro an – ein großer Teil für die Brennstoffe.

Folglich kann die deutsche Volkswirtschaft in Zukunft jährlich Milliarden sparen, wenn sie ihren Strom- und Wärmebedarf komplett aus Wind, Sonne, Wasser und Biomasse deckt. „Zukünftig zu erwartende Preissteigerungen für fossile Energien sind dabei noch gar nicht berücksichtigt“, sagt ISE-Forscher Hans-Martin Henning. Kernaussage der Studie: Der Transformationsprozess der Energiewirtschaft kostet Geld, nach dem Umbau bringt er aber Kostenvorteile.

Doch der Weg dorthin ist weit. Eine kostenoptimierte 100-Prozent-Versorgung benötigt nach ISE-Berechnungen 170 Gigawatt Windkraft an Land (heutiger Stand: 30 Gigawatt) und 83 Gigawatt Windkraft auf See (heute: 0,2 Gigawatt). Die Photovoltaik müsste auf 220 Gigawatt (heute: 32 Gigawatt) ausgebaut werden, die Solarthermie auf 193 Gigawatt (heute: 11 Gigawatt).

Bis es so weit ist, steigen die Preise. Ab Januar wird Haushaltsstrom im Mittel etwa 26 Cent je Kilowattstunde kosten. Das ist zwar ein historischer Höchststand – aber nur nominal betrachtet. Und das sagt wenig. Wer einen realistischeren Eindruck gewinnen will, muss die Preise ins Verhältnis zum Arbeitslohn setzen: Der durchschnittliche Lohnempfänger musste im Jahr 1960 rund 29 Minuten arbeiten, um sich zehn Kilowattstunden Strom leisten zu können, 1970 reichten 14 bis 15 Minuten, 1980 gar 10 Minuten. Am billigsten war Strom um das Jahr 2000, als man bei 7 bis 8 Minuten angelangt war. Erst seitdem steigen die Preise wieder stärker als die Nettolöhne; im kommenden Jahr wird man wieder bei 11 bis 12 Minuten für zehn Kilowattstunden liegen – ein Rekordpreis ist das aber nicht.

Trotzdem sorgen steigende Preise immer für Unmut. Doch warum genau steigen sie? Eine der transparentesten Analysen stammt von den genossenschaftlich organisierten Elektrizitätswerken Schönau: Preissteigernd wirken die EEG-Umlage zugunsten der erneuerbaren Energien (plus 1,685 Cent je Kilowattstunde), die Umlage für Kraft-Wärme-Kopplung (plus 0,124 Cent),die Befreiung stromintensiver Betriebe von den Netzentgelten (plus 0,178 Cent), die Haftungsumlage für Offshore-Windkraft (plus 0,25 Cent), sowie steigende Netznutzungsentgelte (plus 0,73 Cent). Preissenkend wirken unterdessen die günstigeren Einkaufspreise durch das große Angebot an erneuerbaren Energien (minus 0,57 Cent). Inklusive Mehrwertsteuer ergibt sich in der Summe ein Aufschlag von 2,852 Cent.

Hinter steigenden Stromrechnungen steckt häufig aber noch ein zweiter Aspekt, der politisch kaum diskutiert wird. Denn bekanntlich ergibt sich die Höhe der Stromrechnung nicht allein aus dem Preis des Stroms, sondern auch aus der verbrauchten Menge. Diese aber steigt unablässig – in den Jahren 2000 bis 2011 wuchs der jährliche Haushaltsstromverbrauch von 1.588 auf 1.725 Kilowattstunden pro Kopf.

Entsprechend groß ist heute das Einsparpotenzial. Eine Faustregel besagt, dass eine Person mit typischer Geräteausstattung und ein wenig Umsicht mit 1.000 Kilowattstunden pro Jahr gut auskommen kann, für jede weitere Person im Haushalt reichen sogar 500 Kilowattstunden. Dass diese Faustregel nicht überambitioniert ist, zeigte kürzlich auch der Praxistest eines Wirtschaftswoche-Autors: Der Zweipersonenhaushalt kam nach umfassender Beratung von fast 2.300 auf 1.200 Kilowattstunden herunter.

Um auch andere Kunden entsprechend zu motivieren, haben das Öko-Institut und die Nachhaltigkeitsplattform Utopia die Kampagne „1.000 Euro Strom sparen!“ gestartet. Denn ein durchschnittlicher Zweipersonenhaushalt kann nach Einschätzung der Forscher seinen Verbrauch „mit einfachen und kostengünstigen Maßnahmen um rund 1.000 Kilowattstunden pro Jahr verringern“. Das entspricht einer Einsparung von 1.250 Euro in fünf Jahren. Man müsse dafür nur einmalig 200 bis 250 Euro für stromsparende Kleinprodukte ausgeben, wie etwa abschaltbare Steckerleisten, Zeitschaltuhren, LED-Beleuchtung – eine bessere Rendite kann man für sein Geld kaum bekommen.