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Eintopf Domoda ist ein Alltagsgericht aus Gambia. Man kann darin verarbeiten, was im westafrikanischen Garten so wächst: Chili, Zucchini, Kürbisse. Ein Rezept von FlüchtlingenErdnussduft, wie zu Hause

Der Koch Alain Gauvrit (links) und Karamo diskutieren. Im Pilotprojekt Fooddealer werden Flüchtlinge zu Küchengehilfen ausgebildet Foto: André Wunstorf

Von Valerie Höhne

Das Chrom der Arbeitsflächen glänzt im kalten Licht der Neonröhren. Zwei junge Männer in weißen Kitteln stehen da und warten: Lamin und Karamo, aus Gambia. Sie sollen hier in dieser Gastroküche in Berlin-Kreuzberg eine Schnellausbildung bekommen. Beide stellen sich nur mit Vornamen vor. Ihren Nachnamen wollen sie nicht nennen, da ihr Asylverfahren noch nicht abgeschlossen ist.

Karamo ist ein bulliger Typ. Sein breiter Hals verschwindet fast vollständig hinter dem weißen Kragen. Er lacht laut und oft. Lamin hat eine Narbe auf der linken Wange, seine Dreadlocks verstaut er vollständig in einer Mütze. Er ist stiller als Karamo. Kochen kann er noch nicht lang, sagt er, gelernt hat er das an der Gerhart-Hauptmann-Schule. Diese Schule in Kreuzberg haben Flüchtlinge vor vier Jahren besetzt. 2014 mussten viele gehen, auch Lamin. Jetzt lebt er mit anderen Flüchtlingen und einem Aktivisten in einer WG.

Die Ausbildung in der Gastroküche ist Teil des Pilotprojektes Fooddealer. Annika Varadinek hat den Verein dahinter gegründet, er heißt „Bantabaa“. Treffpunkt auf Mandinka, eine Sprache Westafrikas.

Annika Varadinek hat Jura studiert, heute kümmert sie sich hauptberuflich um den Verein. Sie hat Lamin im Görlitzer Park kennengelernt. Dort führte sie immer ihren Hund aus. Sie sagt, sie wollte den Flüchtlingen helfen. „Ich konnte das vor meiner Haustür nicht so geschehen lassen.“

„Als wir die Schule verlassen mussten, war es schwierig, einen Schlafplatz zu finden“, erzählt Lamin. „Annika kam in den Park und hat gesagt: Ich helfe dir.“ Sie organisierte ein Zimmer in ihrer WG für ihn. Schließlich eröffnete sie ein Café und das Cateringunternehmen, in dem die Flüchtlinge heute ausgebildet werden. Die Geflüchteten sollen nicht länger mit Drogen dealen, sagt sie, sondern legal in Deutschland arbeiten. Das Projekt wirbt mit dem Spruch „Support Your Local Dealer“.

In der Küche bereiten Lamin und Karamo inzwischen Domoda vor, ein traditionelles gambisches Gericht. Angeleitet werden sie von Alain Gauvrit, einem französischen Koch. Er ist früher viel durch Afrika gereist, hat dort Musik gemacht, seine Frau hat getanzt. Er trägt einen kleinen Ring im Ohr, seine Nase ist spitz, auf ihr sitzt eine Brille, die die Augen größer aussehen lässt.

„Wenn du in Deutschland nicht selbst kochst, hast du nichts zu essen“, sagt Lamin. In Afrika hätten die Frauen das Essen zubereitet, „Männer essen“, sagt er.

Karamo dagegen hat auch in Gambia viel gekocht. Er hat alleine gelebt, da musste er das. „Delicious“ sei Superkanja, eine Okraschotensuppe. Sein Lieblingsessen in Deutschland ist Käsekuchen.

In Gambia herrscht ein verrückter Diktator, Yahya Jammeh, der glaubt, er könne Aids durch Handauflegen heilen. Er kündigte außerdem an, Homosexuelle in seinem Land köpfen zu lassen. Und drohte, die Mandinka auszurotten. Mandinka wie Lamin und Karamo. „Wir haben nicht das Recht zu sagen, was wir wollen. Wir haben nicht das Recht zu machen, was wir wollen“, sagt Lamin. Deshalb ist er geflohen.

Domoda ist ein Gemüseeintopf mit Zucchini, Paprika, Kürbis und Karotten, viel Erdnuss, einer scharfen Paste, Zwiebeln und Tomatenmark. Ein Alltagsgericht in Gambia. Alles, was dort auf dem Feld angebaut wird, kann darin verarbeitet werden. Praktisch ist auch: Man kann den Eintopf in großen Mengen vorbereiten, denn aufgewärmt schmeckt er noch besser als am ersten Tag.

Domoda

Für vier Personen

Olivenöl

1 große Zwiebel

3 Zehen Knoblauch

3 Esslöffel Tomatenmark

100 Gramm Erdnusspaste (ungesüßt)

1 Liter Brühe

1 kleiner Kürbis

1 Zucchini

2 Karotten

2 Paprika

1 Teelöffel Chilipaste ­(pürierte Chilis, Tomatenmark, Olivenöl, Knoblauch, Salz, Pfeffer)

Salz und PfefferGemüse putzen und klein schneiden. Zwiebeln anbraten, Tomatenmark mit den Zwiebeln anrösten. Mit Brühe ablöschen. Gemüse dazugeben. Eine halbe Stunde köcheln lassen, dann Chili- und Erdnusspaste hinzufügen. Mit Salz und Pfeffer nachwürzen, noch mal 20 Minuten köcheln lassen. Dazu passt Reis. Wärmt man das Domoda einen Tag später auf, schmeckt es noch besser.

In einem riesigen Topf erhitzt Alain Gauvrit das Öl und leert den Eimer mit den Zwiebeln hinein, gibt eine Tube Tomatenmark, Brühe und das Gemüse hinzu. Dann lässt er alles eine Weile köcheln.

Karamo und Lamin pellen in der Zwischenzeit gekochte Kartoffeln, Alain Gauvrit möchte mit ihnen noch einen Auflauf machen, Kartoffeln und Blumenkohl mit Béchamel-Sauce.

Er zeigt Karamo, wie man die Kartoffeln längs schneidet, Messer immer Richtung Daumen. „So“, sagt er, und zieht die Augenbrauen nach oben. Karamo sieht ihn misstrauisch an. „Ah, in 35 Jahren habe ich mich nicht einmal mit dieser Methode geschnitten“, sagt Alain Gauvrit, auf seinen Sätzen liegt der französische Akzent wie Puderzucker. „Aber ich bin neu!“, protestiert Karamo, hebt die Hände. Dann lacht er und mit ihm alle in der Küche.

Es riecht nach Zwiebeln und Paprika. Jetzt muss das Domoda noch gewürzt werden: Mit einer scharfen Paste aus pürierten Chilis, Tomatenmark, Knoblauch und Olivenöl. Und mit Erdnusspaste. Sie ist ungesüßt und kommt aus einem Asia-Shop. In Gambia hat Lamins Familie Erdnusspflanzen angebaut, der Geruch erinnert ihn an zu Hause.

Oft macht man Domoda mit Huhn oder Rind, Karamo holt einen frischen Kohlkopf aus dem Kühlschrank, „damit ist es auch super“, sagt er. Heute gibt es aber Domoda pur: Zuerst schmeckt man die Erdnuss, dann den Kürbis, es wird süß, die Paprika schmilzt auf der Zunge, der Eintopf liegt samtig im Mund. Es kommt eine leichte Schärfe hinzu, man spürt sie hinten im Hals, sie bleibt dort eine Weile. Der Reis, den man dazu isst, löscht sie ab.

Die Genussseite: Wir treffen uns einmal im Monat mit Flüchtlingen zum gemeinsamen Essen. Außerdem im Wechsel: Jörn Kabisch befragt Praktiker des Kochens. Philipp Maußhardt schreibt über europäisches Essen ohne Grenzen, und taz-AutorInnen machen aus Müll schöne Dinge.

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