Syrer feiern Festnahme

Terror In sozialen Netzwerken gratulieren Syrer ihren Landsleuten, die den Terrorverdächtigen Jaber A. überwältigten. A. plante wohl Anschlag auf einen Flughafen

Nochmal Glück gehabt. Auf den Flughäfen ging alles seinen gewohnten Gang Foto: Paul Zinken/dpa

von Sabine am Orde

BERLIN taz | Die Hände des Mannes sind auf den Rücken gedreht, die Füße mit einem Verlängerungskabel gefesselt, ein Arm hält ihn im Schwitzkasten. Über dem Foto steht auf Arabisch sinngemäß: Glücklicherweise wurde der Terrorist gefangen und an die Polizei übergeben. Und weiter: „Syrer, du hast unsere Köpfe aufgerichtet!“

Die syrische Gemeinde in Deutschland hat das Foto auf ihrem Facebook-Account eingestellt. Aufgenommen hat es einer der Syrer, die in der Nacht zum Montag den Terrorverdächtigen Jaber A. in ihrer Leipziger Wohnung überwältigten. Es ist nicht der einzige Post, in dem Syrer in Deutschland die Festnahme A.s feiern. Schon der Fahndungsaufruf, den die Polizei auch auf Arabisch veröffentlichte, wurde in den sozialen Netzwerken vielfach geteilt. Und die Männer, die A. schließlich der Polizei übergaben, diskutierten zuvor in ihrer Facebook-Gruppe heftig, ob es sich bei dem Übernachtungsgast, den sie in ihrer Wohnung aufgenommen hatten, wirklich um den Terrorverdächtigen handelte.

Wie die Bild-Zeitungberichtet, die mit einem der Männer gesprochen hat, hatte sich A. nach seiner Flucht aus dem Chemnitzer Plattenbau, wo die Ermittler 1,5 Kilo Sprengstoff fanden, in einem Onlinenetzwerk syrischer Flüchtlinge gemeldet. A. gab an, er sei am Leipziger Hauptbahnhof und suche eine Unterkunft. Der Leipziger Syrer holte in am Bahnhof ab und brachte ihn zu einem Freund, wo sie übernachteten. Am Sonntag fragte A., ob ihm jemand die Haare schneiden könne. Sein Helfer, der als Friseur gearbeitet hatte, schor ihm den Kopf.

Dann aber sahen er und sein Freund die Fahndungsaufrufe bei Facebook. Als sie keinen Zweifel mehr hatten, dass es sich bei ihrem Gast um den Gesuchten handelte, fesselten sie ihn mit Verlängerungskabeln.

Einer von ihnen ging mit einem Foto zur Polizei, der zweite hielt A. im Schwitzkasten. A. soll seinen Wärtern mehr als 1000 Euro geboten haben, wenn sie ihn freiließen. Am frühen Montagmorgen wurde A. von der Polizei festgenommen, inzwischen sitzt er in Untersuchungshaft.

Wie Hans-Georg Maaßen, Chef des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV) am Montagtagabend in der ARD sagte, soll A. einen Anschlag auf einen Berliner Flughafen geplant haben. Die Bundesanwaltschaft, die die Ermittlungen an sich gezogen hat, hatte am Montag noch gesagt, zu möglichen Zielen gebe es noch keine gesicherten Erkenntnisse. Laut Maaßen hatte der Verfassungsschutz seit Anfang September erste Informationen, dass der IS einen Anschlag auf die Infrastruktur in Deutschland plane. Bis Donnerstag letzter Woche habe man allerdings nicht gewusst, wer dahinter steckt. „Es war kurz vor zwölf“, so Maaßen. Am Freitag gab der Verfassungsschutz die Informationen an die sächsische Polizei weiter, die A. am Samstagmorgen verhaften wollte. A. entkam.

„Es war kurz vor zwölf“

Hans-Georg Maaßen, Chef des Bundesamtes für Verfassungsschutz

Auch das sächsische Landeskriminalamt gehe von einem „IS-Kontext“ aus, so der Chef Jörg Michaelis. Nach einem Medienbericht soll sich A., der im Februar 2015 in Deutschland erstmals registriert worden und inzwischen als Flüchtling anerkannt ist, 2016 Jahr monatelang in der Türkei aufgehalten haben. Was dort geschah, ist bislang nicht bekannt.

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