THEATER

TheaterEsther Slevogt betrachtet das Treiben auf Berlins Bühnen

Nächstes Jahr um diese Zeit, da jährt sich die russische Oktoberrevolution zum hundertsten Mal. Wir werden, soviel ist heute schon gewiss, dann bereits in einer Publikationsflut untergegangen sein: begraben unter roten Fahnen, Büchern, Dokus und Leitartikeln jeglicher Couleur, wie die Ideale der Revolution, die schon früh im Blut ersoffen sind. Dabei gab’s durchaus Bedenkenswertes, das einst auf ihren Fahnen stand. Doch der Zweck heiligt eben nicht jedes Mittel. Im Gegenteil. Der gute Zweck darf nicht durch schlechte Mittel ruiniert werden. Das lehrt uns die russische Revolution ja auch. Bevor 2017 das große Gedenken losgeht, öffnet im Maxim Gorki Theater die argentinische Theatermacherin Lola Arias schon jetzt den „Atlas des Kommunismus“,um dessen verschiedene Alltagsformen noch einmal zu vergegenwärtigen. Das passt auch insofern, als der Namenspatron des Theaters, der Schriftsteller Maxim Gorki, zu den Frontmännern der Revolution gehörte und das Theater nach dem Krieg in Ostberlin erst einmal als Bühne des „Haus der Kultur der Sowjetunion“ eröffnet wurde, bevor es seinen heutigen Namen erhielt.

Nun werden dort also von Lola Arias Menschen zwischen 8 und 84 Jahren auf die Bühne geholt, wo sie vom Singen kommunistischer Arbeitslieder, von den Lehren der „sozialistischen Brüderländer“, der Überwachung im Alltag, Punkkonzerten in Kirchenräumen, vom Diskutieren in den Theatern der Wendezeit, von brennenden Asylheimen in Ostdeutschland und den Forderungen der Geflüchteten heute“ erzählen sollen. Das Stück ist Teil des Demokratiebefragungsfestivals „Uniting Backgrounds“,das am 8. Oktober mit der bewährten Mischung aus Kunst, Diskurs und Aktivismus an den Start geht. (Gorki Theater: ­„Uniting Backgrounds“, Festival vom 8.–23. Oktober – Premiere „Atlas des Kommunismus“, 8. 10., 19.30 Uhr).

Wie man ganz ohne Gewalt versuchen kann, den Menschen Menschlichkeit zu lehren, davon handelt das berühmte Stück „Iphigenie auf Tauris“von Johann Wolfgang von Goethe über die Tochter des griechischen Königs Agamemnon, der Iphigenie für günstige Winde für seine Kriegsschiffe opfern wollte. Aber auch Iphigenies Wirken im Tempel der Artemis auf Tauris, als dessen Folge dort Menschenopfer abgeschafft wurden, hat sich als wenig nachhaltig erwiesen. Besonders in letzter Zeit sind solche Opfer wieder in Mode gekommen, weshalb das Stück immer wieder auf dem Spielplan steht. Aktuell im Deutschen Theater, wo es Ivan Panteleev u. a. mit Kathleen Morgeneyer und Moritz Grove inszeniert hat (Deutsches Theater: „Iphigenie auf Tauris“, Premiere 14. 10., 19. 30 Uhr).